Die "Black Stars" und ihre Leistungsschwankungen

Trier/Köln · Finaltag in der WM-Gruppe D: Kommt Deutschland ins Achtelfinale? Oder Ghana? Oder schaffen es beide Teams? Joe Aziz, Ghanaer und Ex-Profi von Eintracht Trier, ist von seinen Landsleuten nicht ganz überzeugt.

 Joe Aziz im Trikot der Trierer Eintracht, für die er von 2000 bis 2004 spielte. TV-Foto: Archiv

Joe Aziz im Trikot der Trierer Eintracht, für die er von 2000 bis 2004 spielte. TV-Foto: Archiv

(bl) Die ghanaische und die deutsche Fußball-Nationalmannschaft haben bei der WM in Südafrika eins gemeinsam: Sie müssen auf ihre Leitwölfe verzichten. Im deutschen Team wird Michael Ballack vermisst, Ghana beklagt den Ausfall von Mickaël Essien (hartnäckige Knieverletzung).

Aus Sicht von Joe Aziz, Ex-Stürmer von Eintracht Trier, wiegt für sein afrikanisches Heimatland das Fehlen Essiens fast noch schwerer als der deutsche Verzicht auf den "Capitano": "Mickaël ist die Führungsfigur in Ghana schlechthin." Ihn ersetzt in Südafrika jener Spieler, der den Ausfall Ballacks zu verantworten hat: Kevin-Prince Boateng, einst Jugendnationalspieler für Deutschland und seit kurzem spielberechtigt für die Westafrikaner. Aziz ist überzeugt: "Das Foul gegen Ballack im englischen Pokalfinale hat Kevin nicht extra gemacht. Natürlich ist das sehr schade für Ballack, aber solche unschönen Szenen passieren im Fußball."

Boateng hat bei der WM bislang einen guten Eindruck hinterlassen. Dagegen läuft ein weiterer wichtiger Spieler Ghanas seiner Form hinterher: Stephen Appiah. Aziz: "Er war lange verletzt, er ist noch nicht so fit. Ich hoffe, dass er sich noch steigert." Beim Auftakterfolg gegen Serbien (1:0) wurde der Mittelfeldspieler nach 73 Minuten eingewechselt, beim 1:1 gegen Australien kam er nicht zum Einsatz.

Obwohl die "Black Stars" (so lautet der Spitzname von Ghanas Auswahl) bei der WM in Südafrika erst zwei Elfmetertore erzielt haben, liegen die Stärken der Mannschaft im Spiel nach vorne. Im Tor ist Ghana hingegen nicht stark besetzt. Richard Kingson — bei seinem englischen Premiere-League-Club Wigan in der zurückliegenden Saison nur Ersatz — verschuldete gegen Australien das 0:1, als er den Ball nach einem Freistoß abprallen ließ. Aziz: "Ja, ganz hinten haben wir ein Pro blem. Kingson ist nicht so gut."

Aziz wurde in Accra geboren. In der ghanaischen Hauptstadt wuchs er auch auf. Als 21-Jähriger ging er von Hearts of Oak Accra nach Polen. Dort spielte er bei Polonia und Legia Warschau sowie bei Lech Danzig. Über Sporting Cristal Lima (Peru), die Stuttgarter Kickers und den FC Augsburg kam er im Sommer 2000 zu Eintracht Trier. An der Mosel blieb er bis 2004. Seine Karriere ließ er beim SV Wittlich ausklingen, danach war er zuletzt noch (Spieler)-Trainer bei Türkgücü Wittlich.

Derzeit lebt Aziz in Köln, doch er plant eine Rückkehr nach Ghana: "Ich will dort den nächsten Schritt in meiner Trainerausbildung machen."

Der 36-Jährige sieht den ghanaischen Fußball im Aufwind, doch noch sei Luft nach oben: "Der Fußball ist besser geworden. Ghana hat gute Spieler, die im Ausland unter Vertrag stehen — mehrere in England und Italien. Aber die Leistungsschwankungen sind noch zu groß." Deshalb ist Aziz skeptisch. Trotz der Tabellenführung in der WM-Gruppe D ist für ihn ein Weiterkommen Ghanas keinesfalls sicher.

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