Ohne die helfenden Hände aus Polen geht es nicht mehr

Wenn alte Menschen auf Hilfe angewiesen sind, greifen Familien oftmals auf Pflege- und Haushaltshilfen aus Osteuropa zurück. Damit die Senioren in ihrer vertrauten Umgebung bleiben können und weil es billiger ist als eine Heimunterbringung. Um dem Pflegenotstand zu begegnen, werden auch chinesische Fachkräfte nach Deutschland geholt.

Paulina S. hat in der Region Trier schon drei alte Menschen im Alter bis zum Tod begleitet, sie hat viele Böden geschrubbt, etliche Mahlzeiten gekocht und für ihre Verhältnisse sehr viel Geld nach Hause geschickt. Während sie gegen "Schwarzlohn" den dementen Opa versorgte, kümmerten sich in ihrer Heimat Verwandte um ihre Söhne.
Seit dem ersten Arbeitstag von Frau S. Ende der 90er Jahre hat sich einiges geändert. Für Polen und weitere sieben osteuropäische EU-Beitrittsstaaten gilt seit Mai 2011 die sogenannte Arbeitnehmerfreizügigkeit - seit Januar 2014 mit Ausnahme von Kroatien für alle osteuropäischen EU-Beitrittsstaaten. Das bedeutet, Bürger aus diesen Ländern dürfen uneingeschränkt in Deutschland arbeiten und ganz legal alte und pflegebedürftige Menschen in ihrem Zuhause unterstützen. Eine Möglichkeit ist, dass die Hilfsbedürftigen oder ihre Familien die Pflege- und Haushaltshilfe fest anstellen. Eine andere Variante: Die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit oder private Agenturen helfen bei der Suche nach einer Kraft.
Die Agenturen arbeiten häufig mit einem osteuropäischen Unternehmen zusammen, bei dem die Pflege- und Haushaltskräfte angestellt sind. Einige Osteuropäerinnen sind selbstständig. "Und es gibt immer noch einen Wildwuchs an Schwarzarbeit", sagt Jürgen Manthey, Berater der Stiftung Europäische Begegnung mit Sitz in Föhren ( www.curae.de ). Die Stiftung vermittelt auch polnische Pflege- und Haushaltshilfen nach Deutschland. Laut Manthey wurden bislang 300 Frauen aus Polen in die Region Trier vermittelt. Die Stiftung setzt sich dafür ein, dass Arbeitsverträge nach deutschem Recht abgeschlossen werden.
Um sich überhaupt eine Hilfe leisten zu können, beschäftigen viele Familien osteuropäische Frauen jedoch illegal. Polnische Betreuungskräfte erhalten nach TV-Recherchen zwischen 1000 und 1200 Euro plus Kost und Logis. Agenturen, die vermitteln, stellen den Hilfesuchenden 2000 Euro pro Monat in Rechnung.
Durch den Pflegenotstand und aus Kostengründen wird die Pflege zukünftig noch internationaler. Experten wie der Soziologie-Professor Rüdiger Jacob sind sich einig: Auf Dauer reicht es nicht aus, nur in Europa nach Pflegekräften zu suchen. Anfang dieses Jahres hat etwa der Arbeitgeberverband Pflege ein Modellprojekt gestartet: Erstmals wurden 150 chinesische Fachkräfte nach Deutschland geholt. kat

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort