Landtagswahlen im Schatten internationaler Katastrophen

Auch wenn internationale Ereignisse die Bedeutung der Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg zusammenschrumpfen lassen, werden sie doch direkte Auswirkungen auf das Wählerverhalten haben. Wie alle Politiker hierzulande übereinstimmend bestätigen, waren ihre Werbeveranstaltungen mit viel Bundesprominenz besser besucht denn je.

Die Menschen erwarten Antworten auf die großen Fragen angesichts des Atomdesasters in Japan, des neuen Kriegsschauplatzes Libyen oder der zum Teil blutig niederkartätschten Befreiungsbewegungen in weiteren nordafrikanischen Staaten.

Aber was wir gerade auf dem bundespolitischen Parkett erleben, ist verkehrte Welt und eher geeignet, noch tiefere Verwirrung zu stiften. Das schwarz-gelbe Spitzenduo Merkel/Westerwelle bekommt ausgerechnet Unterstützung von Dunkelrot, weil es sich im UN-Sicherheitsrat bei der Frage nach militärischen Aktionen gegen Libyens Machthaber Gaddafi enthalten hat.

Umgekehrt kritisieren vor allem die Grünen, die sich, wenn auch unter anderen Vorzeichen, seinerzeit gemeinsam mit der SPD so vehement gegen eine Teilnahme am Irak-Krieg ge stemmt hatten, die pazifistische Haltung von Bundeskanzlerin und Außenminister im Libyen-Konflikt. Die Kritiker aus den Reihen der Opposition bilden eine traute Allianz mit Regierungsanhängern, die der eigenen Führungsspitze vorwerfen, sich mit ihrem entschiedenen Jein international zu isolieren.

Weit weg und doch so nah ist die schleichende japanische Kernkraft-Katastrophe. Gerade erst hat die Regierung hierzulande gegen den heftigen Widerstand der Opposition die Laufzeiten deutscher Meiler verlängert. Jetzt überholt sie Rot-Grün links und schaltet sieben alte AKW ab. Ob vorübergehend oder auf Dauer, ist ebenso ungewiss wie die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung.

Es hätte gar nicht des Patzers von FDP-Minister Brüderle bedurft, der vor Wirtschaftsbossen den Notstopp von Atomkraftwerken mit wahltaktischen Manövern begründete. Das wissen die Leute sowieso und nehmen, wie die jüngste Forsa-Umfrage zeigt, besonders der Bundeskanzlerin die abrupte Kehrtwende übel. Sie wird als opportunistisch gescholten und bricht in der Wählergunst drastisch ein. Statt, wie beabsichtigt, Luft aus der Atomdebatte herauszulassen, hat Merkel sie mit ihren Pirouetten weiter angeheizt. Nicht, dass die Union ihre Haltung zur Kernenergie noch einmal überdenken will, ärgert so viele, sondern wie sie es tut: überhastet und aktionistisch.

Wer interessiert sich im Augenblick noch für Bildungsfragen, die sowohl im rheinland-pfälzischen als auch im baden-württembergischen Wahlkampf eine zentrale Rolle spielen? Wen jucken Affären, die sich die Landespolitiker gegenseitig um die Ohren hauen? Selbst Themen wie Mindestlohn oder Staatsschulden, die bis zum japanischen Alptraum so heftig diskutiert wurden, sind zumindest vorübergehend aus der Wahrnehmung verschwunden.

Und so werden denn morgen die Wähler in beiden Bundesländern in erster Linie über die politische Zukunft von Angela Merkel und Guido Westerwelle entscheiden.

Ihre Isabell Funk

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