Gesellschaft

Zu den Artikeln "Flüchtlinge, Populisten und besorgte Bürger" (TV vom 13./14. Dezember) und "Kommt jetzt der ,Aufstand der Anständigen\'?" (TV vom 23. Dezember) sowie zum Standpunkt "Dieses anmaßende ,Wir\'" (TV vom 20./21. Dezember) diese Meinungen:

Mehr als 10 000 Menschen demonstrieren gegen eine drohende Radikal-Islamisierung in Deutschland. Und was tun unsere Politiker, die "Gutmenschen" der etablierten Parteien aller Couleur und des DGB? Sie schwingen die Nazi-Keule und stellen alle Teilnehmer der Pegida-Demo unter Generalverdacht. Und Journalisten kommunizieren dies auch noch, ohne tiefgründig über die wirklichen Ursachen nachzudenken. Mit Verlaub, das ist billiger Polit-Populismus (was den Bürger immer wieder ärgert), Boulevard-Journalismus, dumm und zudem brandgefährlich, denn es wird Öl ins Feuer der Emotionen geschüttet. Dass einige Ewiggestrige die Gunst der Stunde nutzen und sich unter die friedlichen Demonstranten mischen, erklärt sich von selbst und ist auch nicht in Ordnung. Aber können die Politiker nicht richtig lesen? Es geht nicht um Fremdenfeindlichkeit. Die Angst vor religiösem Radikalismus hat nur das Fass der Unzufriedenheit zum Überlaufen gebracht. Die Ursachen: Kinder- und Altersarmut, Perspektivlosigkeit, Gewalt, Respektlosigkeit, verrohende Sitten, Staatsschulden, NSA, TTIP, skrupellose Finanz-Wirtschaft, marode Straßen und Schulen, abgehobene, arrogante Politiker, Euro-Krise, EU-Skandalpolitiker wie Juncker, falsche Integrationspolitik - die Liste der politischen Misserfolge und Unkorrektheiten ist noch lang. Im Bund, in den Ländern und Kommunalparlamenten werden Bürgerinteressen übergangen, die Demokratie mit Füßen getreten, und wenn Bürger diese einfordern, werden sie von Ratsmitgliedern öffentlich gemaßregelt. Zu viel ist nicht mehr in Ordnung. Die Bürger haben die Nase voll. Aber sie sind nicht so dumm, wie die Politiker sie gerne hätten. Die Selbstdenkenden, Aufgeklärten gehen europaweit auf die Straßen. Wen wundert\'s? Hans-Joachim Selzer, Bernkastel-Kues Thomas de Maizière ist zu Recht besorgt, wenn er kritisiert, dass Asylbewerberkinder ohne Deutschkenntnisse in die ihrem Alter entsprechenden Schulklassen kommen. Das ist leider seit vielen Jahren ein Riesenproblem. Die Überforderung der Kinder wäre leicht abzustellen, wenn sie in eine gesonderte Klasse kämen, wo sie zuerst sprachlich geschult und mit Minimalkenntnissen im Lesen und Schreiben ausgestattet würden, bevor sie in Klassen verteilt werden. Das überaus engstirnige und sture Verhalten der Ministerien, Kinder nur nach dem Alter in Klassen zu verteilen, hilft diesen Kindern, den Lehrern und den Mitschülern in keiner Weise. Es fördert nur Aggressivität, Hilflosigkeit und Ausgegrenztheit. Ich habe zehn Jahre in einem großen Asylbewerberheim mit vielen Kindern unterschiedlichsten Alters gearbeitet und weiß, wovon ich rede. Aber schon damals war keiner im Ministerium bereit, diesen Kindern eine echte Chance und Möglichkeit zur Integration durch Extra-Unterricht zu geben. Leider ist es so, dass einmal eingeschlagene Wege, auch wenn sie noch so unsinnig sind, nicht mehr aufgegeben werden. Helga Kiemes, Trier Die meisten Gastarbeiter haben sich unauffällig in das Gastland Deutschland integriert und für wenig Lohn zu unserem Wohlstand beigetragen. Die vielen braven Menschen aus der Türkei taten sich mit der Integration in einer fremden, ablehnenden Kultur sehr schwer. Wir haben uns zu wenig um sie gekümmert. Halt, Wärme und Identität mussten sie unter sich und in ihrer Religion suchen. Seid uns willkommen! Nicht willkommen sind religiöse Finsterlinge, die sich radikalisieren, die unsere Gastfreundschaft missbrauchen, uns abstruse islamische Regeln wie das Verschleiern und Benachteiligen von Frauen aufzwingen wollen, die öffentlich gegen unsere Ordnung hetzen. Die Bedrohung der Welt durch religiös motivierte Brandstiftung hat apokalyptische Ausmaße angenommen: Sogar die einst durch Kemal Atatürk vom religiösen Joch befreite Türkei ist mittendrin, wieder ein Gottesstaat zu werden. Deutschlands Bevölkerung ist politisch paralysiert, weil es an politischen Leitfiguren fehlt, die klar ansagen, wohin die Reise gehen soll. Instinktlose Bemerkungen hochrangiger politischer Traumtänzer und Traufnasen ("Der Islam gehört zu Deutschland") sind kaum zu ertragen. Darf man sich über das Aufbegehren politisch noch nicht hirntoter Aktivisten wie Pegida wundern? Statt sie als Stimme der schweigenden Mehrheit wahrzunehmen, verleumdet man sie als politisch rechts unterwandert. Manfred Schmitz, Flußbach Es wird immer die Nazi-Keule ausgepackt, wenn die gut Situierten die Welt nicht mehr verstehen. Vielleicht stellen die Sachsen die mutigsten Bürger dieser Republik? Die leben doch nicht hinter dem Mond. Die Medien, vor allem das Fernsehen, stellen täglich die Lage der Nation dar. Dass einem da schon mal der Kamm schwellen kann, ist nur zu verständlich. Da wird zum Beispiel der Weihnachtsmarkt in Berlin in Wintermarkt umbenannt. Was kommt als Nächstes? Der Winterbaum? Das Winterlied? Der Winterstern? Man warnt die Bevölkerung vor den Bekloppten, die aus dem Heiligen Krieg zurückkommen. Ich bin mal gespannt, wann uns das erste Auto um die Ohren fliegt. Wieder ein Religionskrieg auf deutschem Boden? Unsere Wohnungen und Häuser sind nicht mehr sicher vor Einbrecherbanden aus Osteuropa. Wir haben mit deutschen Kriminellen genug zu tun, müssen die jetzt auch noch Verstärkung aus dem Ausland erhalten? Die Politik hat den Schuss immer noch nicht gehört. Mich wundert es nicht, dass die Wahlbeteiligung in den Keller geht. Der Normalbürger sieht seine Interessen nicht mehr vertreten. Cornell Bach, Trier Anm. d. Red.: In Berlin ist kein Weihnachtsmarkt in Wintermarkt umbenannt worden. Anhänger der Pegida-Bewegung haben dies fälschlich so dargestellt. Tatsächlich ist der Kreuzberger Wintermarkt 2014 zum ersten Mal veranstaltet worden. In Berlin gibt es in der Adventszeit zahlreiche Weihnachtsmärkte, die so heißen, und andere, die nicht so heißen, unter anderem: Kiezmarkt, Naschmarkt, Holy Heimat, Voodoo Market oder eben Wintermarkt. Hat hier nicht wie so oft die Politik versagt? Integration und Abbau von Ängsten müssen doch in erster Reihe stehen und von unseren Volksvertretern vehement betrieben werden. Statt dessen hört man, wie Herr Özdemir richtig sagt: Gesülze. Dass es nicht genügend Unterkünfte für die Menschen gibt, ist ein Armutszeugnis. Der Staat scheffelt zusätzliche Milliarden Euro Steuereinnahmen, vergisst aber dabei, dass die Kommunen, welche die Hauptlast der Integration tragen, leer ausgehen. Und was diese Pegida-Bewegung betrifft, rechte Wirrköpfe und verängstigte Normalbürger sammeln sich und schaffen ein Klima, das vergiftet. Die tun doch so, als wenn islamische Horden schon vor Berlin, Hamburg oder München stehen und ganz Europa bedrohen. Und den Ruf "Wir sind das Volk" sollten diese Leute nicht in den Mund nehmen, denn den haben wirkliche Patrioten benutzt. Die Menschen in unserem Land, die auf die Migranten zugehen, ihnen hilfreich zur Seite stehen und die Menschenwürde und unsere Gesetze achten, die sind "das Volk". Josef Käser, Kradenbach Das war wohl nichts, Frau Funk. Parteiischer, einseitiger und westdeutsch überheblicher kann man das von Ihnen sogenannte "Virus Pegida" nicht kommentieren. Wer Nachrichten, Kommentare und Bilder der gewaltfreien Montagsdemonstrationen in Dresden etwas genauer verfolgt hat, weiß, dass es nicht in erster Linie von Neonazis angestachelte "gewöhnliche Biedermänner" sind, "geeint im Hass auf Fremdes". Etwas mehr Mühe muss man sich bei der Analyse schon machen. Immerhin muss man erklären, dass zuletzt 15 000 Menschen auf die Straße gegangen sind, um ihren Unmut kundzutun. Die ganz große Mehrheit dieser Dresdner Demonstranten sind unbescholtene Bürger, in Sorge um ihr Land und dessen Zukunft. Sie eint vor allem ein diffuses Gefühl, in nicht allzu ferner Zukunft fremd im eigenen Land zu sein. Vor diesem Hintergrund ist die Gleichsetzung der DDR-Flüchtlinge des Jahres 1989 mit den Flüchtlingen aus dem Nahen Osten im Jahr 2014 wenig zielführend. Das Gefühl der Demons tranten, das Boot Deutschland sei voll, ist übertrieben. Aber es speist sich aus realen Befunden und Missständen. Zugleich fühlt man sich von Politikern und Medien nicht ernst genommen, sondern mit wohlfeilen Plattitüden abgespeist. Dies ist zumindest nachvollziehbar. Es ist ja nicht zu bestreiten, dass die Missstände eher die Personen zu spüren bekommen, die man gerne leicht abschätzig "die einfachen Leute" nennt, als die Spitzen der Gesellschaft aus Politik und Medien. Es entsteht der fatale Eindruck, die politische Elite handele nach der Maxime "wir haben die Moral und ihr die Probleme". Hier muss schleunigst und tatkräftig gegengesteuert werden. Denn solange dieser Eindruck bestehen bleibt, wird die Wahlbeteiligung weiter sinken und die Politikverdrossenheit ansteigen. Peter Reiff, Trier

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