"Bill Cosby Show" in Norristown: Entertainer wird der Prozess gemacht

Norristown (dpa) - · Seit Monaten äußert sich Bill Cosby nicht zu den vielen Sex-Vorwürfen gegen ihn. Auch bei einer zum Medienspektakel avancierten Anhörung in Pennsylvania schwieg er weitgehend - aber um einen Prozess kommt er nicht herum.

"Bill Cosby Show" in Norristown: Entertainer wird der Prozess gemacht
Foto: Globe-Photos/Image Collect

Ganz zum Schluss äußerte sich Bill Cosby doch noch kurz. „Danke“, sagte der 78 Jahre alte Schauspieler mit fester Stimme zu Richterin Elizabeth McHugh, die ihm gerade „viel Glück“ gewünscht hatte. Zuvor hatte McHugh nach rund dreistündiger Anhörung entschieden, dass Cosby wegen Vorwürfen der sexuellen Nötigung der Prozess gemacht werden soll. Seit Monaten werfen mehr als 50 Frauen dem einst beliebten Entertainer und Vorzeige-Familienvater aus der „Bill Cosby Show“ sexuellen Missbrauch vor - jetzt kommt es in einem dieser Fälle wohl zum Strafprozess. Im Falle einer Verurteilung drohen Cosby mehrere Jahre Haft.

Schon die vorbereitende Anhörung am Dienstag, Cosbys erster öffentlicher Gerichtstermin seit Bekanntwerden der Vorwürfe, ist ein Medienspektakel. TV-Übertragungswagen und Journalisten mit Kameras und Fotoapparaten hatten sich bereits am frühen Morgen vor dem weißen Gerichtsgebäude mit der imposanten Kuppel in Norristown im US-Bundesstaat Pennsylvania aufgebaut. Dazu versammeln sich zahlreiche Schaulustige in dem Vorort von Philadelphia. Pünktlich zwanzig Minuten vor Beginn des Termins fährt Cosby an einem Seiteneingang in einer schwarzen Limousine vor. Nach dem Aussteigen zieht er sich ein schwarzes Sakko über das weiße Hemd mit Hosenträgern, geht langsam entlang der Kameras zum Haupteingang und winkt den Zuschauern kurz zu. Einige jubeln. Im Gerichtssaal unter acht eisernen Kronleuchtern und den Ölporträts ehemaliger Richter sitzt Cosby dann mit dem Rücken zum Publikum.

"Das ist doch alles nur Hörensagen"

In den Pausen bespricht er sich leise mit seinen Anwälten, ansonsten streicht er sich über sein Kinn, stützt sich auf die Hand oder zupft an seinen Fingernägeln. Der Entertainer sieht alt aus, er wirkt müde und angestrengt. Verteidigung und Staatsanwaltschaft sezieren unterdessen in allen Details, was da wohl wirklich geschehen ist, Anfang 2004 in Cosbys Haus - nicht weit entfernt vom Gerichtsgebäude. Eine frühere Universitätsangestellte wirft dem Schauspieler vor, ihr Tabletten verabreicht und sie dann sexuell belästigt zu haben. Die heute 43 Jahre alte und in ihrer kanadischen Heimat lebende Frau ist zu der Anhörung nicht erschienen. Deswegen werden drei Zeugen befragt, die die Frau oder Cosby damals vernommen haben. „Das ist doch alles nur Hörensagen“, regt sich Cosby-Anwalt Brian McMonagle auf. „Wenn jemand Ihnen sagen würde, dass ihm vor elf Jahren jemand etwas erzählt hat über einen Vorfall vor zwölf Jahren und jetzt gibt es einen Prozess - das ist doch unglaublich, so etwas habe ich noch nie erlebt.“ McMonagle gibt den harten Hund, die Staatsanwaltschaft versucht Gelassenheit dagegenzusetzen. Klar wird bei dem Ganzen nur wenig.

Cosby und das vermeintliche Opfer kannten sich wohl schon länger, das haben zumindest beide damals ausgesagt. Sie trafen sich häufiger, kamen sich auch näher. Die Staatsanwaltschaft beharrt darauf, dass Cosby die Frau mit Tabletten außer Gefecht gesetzt und dann gegen ihren Willen berührt habe. Die Verteidigung sagt, es habe sich um simple Beruhigungsmittel gehandelt, die Frau habe Cosby nicht zurückgewiesen oder gebeten, aufzuhören. Auch danach hatten die beiden noch Kontakt, die Frau bat Cosby sogar um Tickets zu einer Show in Toronto und traf sich dort mit ihm. Die Aussagen von damals reichten nicht als Beweise für einen Prozess, sagt Cosbys Anwalt McMonagle am Ende der Anhörung. Die Verteidigung weist das zurück und Richterin McHugh folgt ihr - es gebe genügend Beweise. Die nächste Anhörung in dem Prozess ist nun vorläufig für den 20. Juli angesetzt. Das sei richtig, sagt anschließend Anwältin Gloria Allred, die viele der Frauen vertritt, die Cosby beschuldigen. „Auf Basis des Gesetztes und der Vergangenheit war das die richtige Entscheidung.“

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