Die Kleinen flirten heftig mit Juncker

LUXEMBURG. Die Christlich-Soziale Volkspartei (CSV) von Premierminister Jean-Claude Juncker bleibt stärkste Partei in Luxemburg. Bei den Parlamentswahlen am Sonntag im Großherzogtum konnte die regierende Partei ihren Stimmenanteil noch um sechs Prozent (Stand 21.30 Uhr) ausbauen.

Neunhausen im Norden des Landes war der erste Ort, der rund 90 Minuten nach der Schließung der Wahllokale um 14 Uhr sein Ergebnis melden konnte: 29,5 Prozent für die CSV, rund 25 Prozent für die Liberalen (DP) und 18 Prozent für die Sozialisten (LSAP). Eine Revolution - war doch 50 Jahre lang Kautenbach bei Wiltz der Ort, der das Kopf-an-Kopf-Rennen bei der Ergebnisansage gewonnen hatte. Eine Revolution wäre es aber auch gewesen, wenn das Neunhausener Ergebnis für das Großherzogtum insgesamt gesprochen hätte. Doch steht dieses Ergebnis mitnichten für den landesweiten Trend. Der sieht die Partei von Premierminister Jean-Claude Juncker (CSV) weit über den 30,1 Prozent der Stimmen, die sie bei der Parlamentswahl 1999 erreichte. Sie legte nämlich 2004 rund sechs Prozent auf 36,5 Prozent zu und damit 24 Sitze (plus fünf) in der Deputiertenkammer für sich verbuchen. Der Juncker-Effekt, der für den der speziell auf den Premierminister zugeschnittenen Wahlkampf steht, hat wohl selbst den ein oder anderen Luxemburger überrascht oder auch erschreckt, wie man zu später Stunde des Öfteren hört. Der Koalitionspartner erleidet dagegen eine herbe Niederlage. Die Liberalen (DP) verlieren fünf Prozent und erhalten nur noch zehn Sitze (minus fünf). Dennoch ist für Wirtschaftsminister Henri Grethen die Rechnung nach der Wahl ganz einfach und logisch: "Die CSV gewinnt fünf Sitze, wir verlieren fünf Sitze. Die Koalition ist stabil."Sozialisten hoffen auf Große Koalition

Ob die CSV-DP-Koalition bestehen bleibt, ist noch unklar. Als starkes Gegengewicht zur DP konnten sich die Sozialisten von der LSAP jedenfalls nicht positionieren. Aufgrund eines inhaltsarmen Wahlkampfes verloren die Sozialisten - vor der DP mit Juncker in der Regierungskoalition - leicht und erreichen am späten Abend (Stand 22.20 Uhr) mit einem Prozent Minus 21,3 Prozent der Stimmen und damit einen Sitz mehr in der Deputiertenkammer. Für den Spitzenkandidaten Jean Asselborn dennoch ein Zeichen für eine Neuauflage der Großen Koalition aus den 90er Jahren. "Wir sind bereit und bieten uns beim Großherzog für eine Koalition mit der CSV an - allerdings nicht um jeden Preis." Großer Gewinner der Luxemburger Parlamentswahlen sind neben der CSV die Grünen. Folglich fließt der "Schampes" (Sekt) in Strömen, die Spitzenkandidaten tanzen auf ihrer Wahlparty. Schließlich können die Grünen erstmals im kleinsten Bezirk - dem Osten Luxemburgs an der deutschen Grenze - Terrain gut machen und legen um 2,8 Prozent auf 11,9 Prozent zu. Damit hat die Öko-Partei künftig sieben Sitze im Parlament. Tief sitzt die Enttäuschung über seine Niederlage beim rechtspopulistischen ADR (Aktionskomitee für Demokratie und Rentengerechtigkeit). So tief, dass anfangs weder im Fernsehen noch auf der größten Wahlparty Luxemburgs, bei RTL, ein Vertreter vors Mikrofon treten mag. Immerhin verliert der ADR zwei von sieben Sitzen und büßt ein Prozent (jetzt 10,3 Prozent) der Stimmen ein. Probleme mit der Wahlbeteiligung kennen die Luxemburger übrigens nicht. Es gilt die Wahlpflicht. Und wer nicht kommt und auch nicht per Briefwahl wählt, wird von der Staatsanwaltschaft vier Wochen nach der Wahl öffentlich "an den Pranger gestellt" und vom Schiedsgericht zu einer saftigen Strafe von 100 bis 250 Euro verurteilt. Unbelehrbare "Wiederholungstäter" müssen bis zu 1000 Euro berappen. Kein Wunder also, dass über 83 Prozent der Wahlbeteiligten ihre Stimme abgegeben haben.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort