Eichel lässt grüßen

Berlin. CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer war nach dem Auftritt von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) im Bundestag schier aus dem Häuschen. "Steinbrück hat eine ausgesprochen beachtliche Einbringungsrede gehalten", lobhudelte der Bayer gestern im kleinen Kreise den Genossen.

Nicht, weil nach den drei Landtagswahlen vom Sonntag nun die schwarz-rote Koalitionsharmonie vollends ausgebrochen ist, war Ramsauer voll des Lobes. Und auch nicht, weil Steinbrücks opulentes Zahlenwerk so solide und perspektivisch in die Zukunft weist. "Das Ganze war eine massive Generalabrechnung mit seinem Amtsvorgänger", freute sich Ramsauer wie ein Lausbub. "Ich hätte ihm noch länger zuhören können." Die schwarz-roten Freund-Feind-Mechanismen aus vergangenen Tagen funktionieren eben immer noch. Und "Hau den Hans Eichel" ist nach wie vor ein beliebtes Spiel, wenn es darum geht, die Ursachen der Haushaltsnot, die strukturellen Defizite des 261,7 Milliarden Euro schweren Etats für 2006 zu erklären. Eichel, der Sündenbock, der als Kassenwart der ehemaligen rot-grünen Bundesregierung vom Star zum Prügelknaben wurde, hat es wohl geahnt. Der Hesse ist noch Bundestagsabgeordneter, blieb aber wegen "anderweitiger Termine" der Debatte fern, wie sein Büro auf Anfrage mitteilte. Vermutlich wollte er sich aber nicht anhören, wie Steinbrück in der Retrospektive von "verloren gegangenem Vertrauen", vom nun dringend notwendigen "Prozess des Umsteuerns" und von der Rückkehr zur "soliden Haushaltsführung" sprach. Anders als Ramsauer hatten andere nur wenig Freude an Steinbrücks erster Etateinbringung seit seinem Amtsantritt. "Das war eine Büroklammer beim Philosophieren", frotzelte der grüne Haushaltsexperte Alexander Bonde nach der Rede. Dabei hatte sich der Kassenwart unter den Augen seiner Kanzlerin Angela Merkel zu Beginn der dreitägigen Haushaltsberatungen im Parlament überaus viel Mühe gegeben, rhetorisch die vielen Tücken seines Entwurfs zu rechtfertigen - es handele sich um "kein Wellnessprogramm, sondern ein hartes Krafttraining", formulierte er seinen Anspruch. Steinbrück, der Fitmacher. Die Zahlen sprechen allerdings (noch) dagegen: Die Neuverschuldung wird in diesem Jahr 38,3 Milliarden Euro betragen, das sind sieben Milliarden mehr als im Vorjahr."Wege in die Realität"

Die Nettokreditaufnahme liegt zudem deutlich über den Investitionen in Höhe von 23,2 Milliarden Euro, was laut Grundgesetz verboten ist. Um dennoch im Rahmen der Verfassung zu bleiben, will die große Koalition eine "Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts" feststellen. Zu Beginn des schwarz-roten Bündnisses hatte sich Steinbrück erfolglos dagegen gewehrt. Seine erste Niederlage. "Wege in die Realität" kündigte der Minister viel versprechend an. Dazu gehört auch das Haushaltsbegleitgesetz mit der für 2007 beschlossenen und heftig umstrittenen Anhebung der Mehrwertsteuer von 16 auf 19 Prozent. "Ich weiß, es gibt genügend Gründe gegen die Erhöhung der Mehrwertsteuer. Sie wird trotzdem kommen, unabhängig davon, wie die Konjunktur sich entwickelt", meinte Steinbrück unter dem Applaus der Abgeordneten von Union und SPD. Das 25 Milliarden Euro schwere Programm zur Förderung der Wirtschaft verschaffe der Konjunktur genügend Rückenwind, um kommendes Jahr wieder einen verfassungsgemäßen Haushalt vorzulegen und um die Defizitgrenze des EU-Stabilitätspakts von drei Prozent einzuhalten. So zeigte sich Steinbrück optimistisch, dass die höhere Mehrwertsteuer die Konjunktur im nächsten Jahr nicht abwürgen werde. Zahlreiche Experten gehen aber vom Gegenteil aus. Mit dem Haushalt 2006 verabschiedet der Bundestag in dieser Woche auch ein umstrittenes Rüstungsgeschäft. Deutschland liefert Israel zwei hochmoderne U-Boote der "Dolphin"-Klasse und unterstützt den Verkauf mit bis zu 333 Millionen Euro aus der Staatskasse. Das sind ein Drittel der Gesamtkosten. Das Geschäft steht nicht im Verteidigungsetat, sondern im Haushalt des Finanzministeriums in dem Kapitel über allgemeine Finanzausgaben. Das Wort U-Boot fehlt.

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