Für jeden ein kleiner Erfolg dabei

BERLIN. "Ein großer Erfolg", "eine sehr gute Regelung", "ein guter Tag": So überschwänglich beschrieben die Generalsekretäre von CDU, CSU und SPD gestern die Ergebnisse des Koalitionsausschusses vom Montag.

Am Tag der Arbeit hatten die Spitzen der Regierungsparteien bis spät nachts im Berliner Kanzleramt gearbeitet und umstrittene Regierungsprojekte geklärt, darunter Elterngeld, Reichensteuer und Entfernungspauschale. 15 Teilnehmer saßen sich im Kleinen Kabinettssaal gegenüber, acht auf der Unionsseite, darunter Kanzlerin Angela Merkel und CSU-Chef Edmund Stoiber, sieben bei den Sozialdemokraten. Die SPD hatten mit dem designierten Parteichef Kurt Beck einen Neuling dabei. Der fiel christdemokratischen Teilnehmern dadurch auf, dass er "sofort und ziemlich eindeutig" für die SPD-Seite die Verhandlungsführung übernahm und überdies die einzige spaßige Bemerkung des Abends machte: Er könne sich am 1. Mai auch Schöneres vorstellen. Ansonsten gab es wenig zu lachen, aber Spargel, Schnitzel und Wein - für den Westfalen Müntefering ein Pilsken. Das Treffen ähnelte Koalitionsverhandlungen, beschrieb ein Teilnehmer.Union wartet Ja der SPD auf dem Sofa ab

In der Tat ging es um Detailfragen, die im Koalitionsvertrag nicht geregelt waren und nun Streit entfacht hatten. Kurz vor Mitternacht rief Beck seine SPD-Mitstreiter zu einer Besprechung in einen Nebenraum. Die Unionisten warteten derweil im Amtszimmer der Kanzlerin auf dem Sofa ab. Beck zog sich dann noch mit Merkel und Stoiber zu einer letzten Beratung über das Kompromisspaket zurück, ehe zur ersten Morgenstunde in großer Runde dann die Ergebnisse verkündet werden konnten. Jede Seite durfte Erfolge davontragen. Erfolg für die SPD: Beim Elterngeld gibt es einen Sockelbetrag von 300 Euro, der nicht auf das Arbeitslosengeld II angerechnet wird. Erfolg für die CSU: Das Elterngeld wird zwölf Monate gezahlt, plus zwei Vätermonate. Das alte Modell, zehn plus zwei, hatten die Christsozialen noch scharf als Bevormundung der Familien kritisiert. Jetzt pries Generalsekretär Markus Söder die Einigung und vergaß nicht darauf hinzuweisen, dass er der Vater dieses Kompromissgedankens war. CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla ergänzte, dass der vorgegebene Finanzrahmen, 3,8 Milliarden Euro, trotzdem eingehalten werde. Bei zwei Themen umschifften die Koalitionspartner heikle Rechtsfragen durch Rechtsinterpretation. Die Reichensteuer soll am 1. Januar 2007 auf sehr hohe Einkommen erhoben werden, aber nicht auf gewerbliche Einkünfte. Möglichen Klagen will man dadurch begegnen, dass schon im Sommer Eckpunkte für eine Unternehmenssteuerreform im Jahr 2008 vorgelegt werden sollen. Pendlerpauschale wird umdeklariert

Ein Teilnehmer erklärte: Die Steuerbescheide für 2007 ergingen sowieso erst Ende 2007. Wenn dann jemand klage, könne man vor Gericht darauf verweisen, dass der Gesetzgeber ja bereits dabei sei, die Ungleichbehandlung zwischen privaten und gewerblichen Einkünften zu vermindern. "Das wird schon tragen", so die Hoffnung. Ähnliche Rechtsprobleme hatte es auch bei dem Vorhaben gegeben, für die ersten 20 Kilometer keine Pendlerpauschale mehr zu zahlen. Das soll umschifft werden, indem der Weg zur Arbeit künftig nicht mehr als Werbungskosten gilt sondern als außergewöhnliche Belastung firmiert. Für die Grünen-Fraktionschefin Renate Künast, die in rot-grünen Zeiten so manchen Koalitionsausschuss mitgemacht hat und sich auskennt, enthalten die Beschlüsse "jede Menge Taschenspielertricks". Außerdem werde die Finanzierung schöngeredet. Künast: "Ich fürchte, dafür wird später nochmal in die Taschen der Steuerzahler gelangt."

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