Hermeskeil – Dublin – Bratislava

TRIER. Rahmenbedingungen abklären, Themen setzen, reisen, Gespräche führen, Chancen ausloten – der Hermeskeiler SPD-Bundestagsabgeordnete Karl Diller hat die Vorbereitungen für die deutsche EU-Ratspräsidentschaft als Staatsekretär im Berliner Finanzministerium mit gestaltet. Dem TV hat er von den spannenden vergangenen Monaten erzählt.

"Die Erwartungen sind unglaublich hoch." Wenn Karl Diller in den vergangenen Monaten nach Dublin oder Bratislawa, Bukarest oder Sofia reiste, um mit den Finanzministern oder Staatssekretären dort über die deutsche EU-Ratspräsidentschaft zu sprechen, ging es stets auch darum, Hoffnungen in Bezug zur Realität zu setzen. Da sind die Präsidentschaftswahl in Frankreich, der geplante Premier-Wechsel von Tony Blair zu Gordon Brown in Großbritannien, die ausstehenden Regierungsbildungen in den Niederlanden und Österreich - allesamt Unbekannte, die die Pläne der deutschen Ratspräsidentschaft durchkreuzen könnten. Die sind derweil durchaus ehrgeizig - alle Ressorts haben Ziele formuliert, die im kommenden halben Jahr auf europäischer Ebene umgesetzt werden sollen. Viel Arbeit hinter den Kulissen

Für das Finanzministerium war der Hermeskeiler SPD-Bundestagsabgeordnete Karl Diller maßgeblich an dieser Arbeit beteiligt. "Wir wollen ein strafferes und effektiveres Verfahren bei der Behandlung von Berichten durchsetzen", erzählt der Staatsekretär, der unter anderem für Europa-Angelegenheiten zuständig ist. Derzeit stellt beispielsweise zu den Euro-Stabilitätskriterien jedes Mitgliedsland - von Januar an sind es 27 - bei den Finanzminister-Treffen einen Bericht vor, der analysiert und diskutiert wird. "Unser Vorschlag lautet, nur die jeweils drei oder vier Länder herauszugreifen, die am besten und am schwächsten abschneiden, und zu schauen, was sie gut gemacht haben beziehungsweise wo die Probleme liegen." Die gewonnene Zeit soll anderen Themen zugute kommen. Weitere Ziele sind die Kopplung öffentlicher Gelder an Zielvorgaben und eine EU-weit einheitliche Bemessungsgrundlage bei der Körperschaftssteuer. "Wir sind seit Anfang 2006 mit den Vorbereitungen beschäftigt", berichtet Diller. "Zunächst wurden gemeinsame Arbeitspläne zusammen mit Portugal und Slowenien erstellt." Diese beiden Länder übernehmen nach Deutschland die Ratspräsidentschaft. Die Abstimmung im Vorfeld soll Kontinuität gewährleisten - nicht jedes Problem lässt sich schließlich innerhalb eines halben Jahres lösen. Termine mussten koordiniert werden: Das 50-jährige Jubiläum der Römischen Verträge fällt in die Zeit der Präsidentschaft, Anfang Juni ist Deutschland zudem Gastgeber des G8-Gipfels. Die Finnen, die in der zweiten Jahreshälfte 2006 die Ratspräsidentschaft inne hatten, wurden genau beobachtet: Wie kamen sie mit der Umsetzung ihres Programms voran? "Das alles musste hinter den Kulissen geschehen, um die amtierende Präsidentschaft nicht zu stören", berichtet Diller. "Im Herbst ging es schließlich in die heiße Phase. Da wurde geklärt, wer welche Gespräche führt." Bei den folgenden Reisen übermittelten Diller und seine Kollegen den jeweiligen Finanzministern vertrauliche Vorab-Infos zum deutschen Programm - die offiziellen Inhalte stellen Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Peer Steinbrück erst in den kommenden Tagen vor. Die deutschen Finanz-Experten holten erste Reaktionen in den Mitgliedsländern ein, warben für die Positionen der Bundesrepublik, nahmen weitere Anliegen auf - und bemühten sich eben um das Zurechtstutzen der Erwartungen. Damit zumindest die realistischen darunter erfüllt werden können, wünscht sich Karl Diller vor allem eins: "Dass wir von schrecklichen Ereignissen verschont bleiben. Das ist entscheidend für den Erfolg unserer Präsidentschaft. Denn wenn Krisen wie in Darfur oder in Somalia eskalieren, geraten die eigentlichen Arbeitsthemen in den Hintergrund."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort