Lob mit Fragezeichen

Viele Deutsche können das Urteil des englischen Wirtschaftsmagazins "Economist" kaum glauben. "Deutschlands überraschende Wirtschaft": sanierte Unternehmen, Sozialreformen, moderate Löhne und niedrige Lohnstückkosten attestiert das als liberal geltende Magazin den Deutschen.

Viele Deutsche können das Urteil des englischen Wirtschaftsmagazins "Economist" kaum glauben. "Deutschlands überraschende Wirtschaft": sanierte Unternehmen, Sozialreformen, moderate Löhne und niedrige Lohnstückkosten attestiert das als liberal geltende Magazin den Deutschen.Die Einschätzung passt gar nicht zu dem Bild, das hierzulande vom Zustand der eigenen Konjunktur gemalt wird: Höchststände bei Insolvenzen und bei Arbeitslosen, Stagnation und eine Binnennachfrage, die den Namen nicht verdient. Entsprechend enthusiastisch haben die Bundesregierung und ihr Frontmann Gerhard Schröder die unerhoffte Wahlkampfunterstützung aufgenommen und gehen nun mit dem "Economist" hausieren.

Doch das britische Magazin hat sich den Ruf als eine der renommiertesten publizistischen Wirtschaftsadressen nicht mit oberflächlichen Recherchen verdient. Und so schreiben die Wirtschafts-Experten auch Deutschland einiges an Hausaufgaben ins Buch. Die Reformbemühungen dürften nicht abgebremst werden, die Löhne müssten moderat bleiben und vor allem die Binnenkonjunktur müsse anspringen, damit die Geschichte über "Deutschlands überraschende Wirtschaft" auch ein Happy-End findet.

Wenn das mit der Binnennachfrage mal so einfach wäre: Bleiben die Tarifabschlüsse moderat, fehlt den Leuten das Geld zum Ausgeben. Doch noch schlimmer: Rund 81 Prozent der Deutschen sorgen sich einer jüngsten Umfrage zufolge um ihren Arbeitsplatz - niemand in Europa hat eine größere Job- und Zukunftsangst. Ein schlechtes Klima für die Binnenkonjunktur. Spätestens beim Fazit der britischen Wirtschafts-Experten sollte es aber auch Kanzler Schröder mulmig werden. Nur die Politik, heißt es da, könne den Aufschwung noch vermasseln.

Das Lob ist also mehr Herausforderung für die kommende Regierung als Wahlkampfhilfe.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort