Nun schickt Merkel ihren Kanzleramtschef nach vorn

Berlin · Peter Altmaier gilt als Vertrauter seiner Regierungschefin Angela Merkel; und nun will der Kanzleramtsminister (CDU) das Parlament, zugleich Aufseher der Geheimdienste, über die BND-Affäre informieren. Dabei könnte eine frühere Aussage dazu Altmaier selbst auf die Füße fallen.

Berlin. Er steht jetzt im Kanzleramt besonders im Mittelpunkt. Auch wenn manch einer am liebsten auf Bundeskanzlerin Angela Merkel zielen würde, so ist ihr engster Vertrauter Peter Altmaier (beide CDU) im Moment noch mehr gefordert, Licht ins Dunkel der BND-Affäre zu bringen. Der 56-Jährige hat schließlich in der Regierungszentrale die Oberaufsicht über die Geheimdienste inne. Altmaier will nach Informationen unserer Zeitung nun erneut in die Offensive gehen, nachdem er sich in den vergangenen Tagen bewusst öffentlich zurückgehalten hat.
Der Kanzleramtschef wird demnach in dieser Woche den Bundestag umfassend über den Stand der Affäre informieren. Altmaier steckt dabei in einer Zwickmühle. Er muss die Affäre entwirren, aber zugleich sich öffentlich zurückhalten, da Belange der Geheimhaltung eine Rolle spielen. Es gelte jedoch das Wort der Kanzlerin, dass alles aufgeklärt werde, hieß es gestern.
Der Bundesnachrichtendienst soll, so der Vorwurf, indirekt für den US-Geheimdienst NSA die Kommunikation europäischer Unternehmen und Politiker über mindestens zehn Jahre ausgehorcht haben. Immer neue Details sind inzwischen ans Tageslicht gekommen, die die Regierung in schweres Fahrwasser gebracht haben.Minister im Visier


Vor allem ist unklar, wie Merkels Regierungszentrale mit den mehrfach eingegangenen Informationen zu der Spionagetätigkeit genau umging. Die Antwort darauf dürfte entscheidend sein, wer am Ende womöglich politische Verantwortung übernehmen muss. Ins Visier geraten ist vor allem der jetzige Innenminister Thomas de Maizière (CDU), der von 2005 bis 2009 Kanzleramtschef war. Eine ganze Reihe von Problemen ist inzwischen mit seinem Namen verbunden; so hat ihn auch der Skandal um die Schießgenauigkeit des Sturmgewehrs G36 aus seiner Zeit als Verteidigungsminister (2011 bis 2013) eingeholt. Bei de Maizière kommt also vieles zusammen. Er soll ebenfalls am kommenden Mittwoch im Kontrollgremium befragt werden.
Was Kanzleramtschef Altmaier auf die Füße fallen könnte, ist, dass die Regierung noch Mitte April auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion antwortete, es lägen keine Erkenntnisse zu angeblicher Wirtschaftsspionage durch die NSA vor. Die Opposition sieht darin eine Lüge. Von Regierungsseite zieht man sich darauf zurück, dass konkret nach "Wirtschaftsspionage" gefragt worden sei, und die sei keinesfalls erwiesen. Jedenfalls haben Mitglieder des NSA-Untersuchungsausschusses das Kanzleramt inzwischen ultimativ aufgefordert, ihnen bis nächsten Donnerstag, wenn das Gremium wieder tagt, die Spionagelisten mit den Suchmerkmalen vorzulegen.
Aus Koalitionskreisen hieß es gestern dazu, das dafür notwendige "Konsultationsverfahren" mit der US-Administration sei eingeleitet, aber noch nicht abgeschlossen. Ein Ende der Affäre ist auch deswegen noch lange nicht in Sicht.Extra

Generalbundesanwalt Harald Range soll am kommenden Mittwoch im Rechtsausschuss des Bundestags Auskunft geben zu seinen Nachforschungen in der Spionageaffäre. Das kündigte die Ausschussvorsitzende Renate Künast (Grüne) am Sonntag an. Der Generalbundesanwalt müsse für eine strafrechtliche Einordnung des Verhaltens sorgen und konkret Beweise erheben: "Das eilt, bevor der BND Beweise vernichtet." Der Bundesnachrichtendienst soll dem US-Geheimdienst NSA geholfen haben, Politiker und Unternehmen auszuforschen. Die Bundesanwaltschaft prüft, ob der Anfangsverdacht einer Straftat vorliegt. dpa

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