Regierungsbildung Sondierer wollen’s kurz und knackig machen

Berlin · Parteispitzen treffen erneut zusammen. Die Sozialdemokraten steigen auf provokative Forderungen der CSU nicht ein.

 „Balkonbilder“ wie bei den gescheiterten Jamaika-Runden soll es diesmal nicht geben. Für die bald beginnenden Sondierungen mit der SPD hat die CSU aber schon mal klare Vorstellungen formuliert. Hier der Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Alexander Dobrindt (links), und CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer Anfang November in Berlin.

„Balkonbilder“ wie bei den gescheiterten Jamaika-Runden soll es diesmal nicht geben. Für die bald beginnenden Sondierungen mit der SPD hat die CSU aber schon mal klare Vorstellungen formuliert. Hier der Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Alexander Dobrindt (links), und CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer Anfang November in Berlin.

Foto: dpa/Maurizio Gambarini

Wäre jede der in den letzten Tagen von der CSU erhobenen Forderungen ein aufgespanntes Seil, dann hätten kleine Mädchen jetzt ihre helle Freude: Gummitwist über viele, viele Hürden. Die Sondierer einer erneuten großen Koalition werden es womöglich weniger spaßig finden. An diesem Mittwoch wollen die Partei- und Fraktionsvorsitzenden von CDU, CSU und SPD bei einem erneuten Spitzentreffen ihre offiziell am kommenden Sonntag beginnenden Sondierungen vorbereiten – und die Hürden wieder etwas niedriger hängen.

In Vorbereitung der morgen beginnenden Klausurtagung ihrer Landesgruppe in Kloster Seeon hatte die CSU gleich mehrere Beschlusspapiere veröffentlicht, die die Koalitionsgespräche nicht gerade einfacher machen. Im Einzelnen fordern die Christsozialen von ihrem künftigen sozialdemokratischen Koalitionspartner unter anderem: Steuersenkungen für Unternehmen, Obergrenze für Flüchtlinge, kein Familiennachzug und Kürzung der Sozialleistungen für Asylbewerber. Dazu höhere Verteidigungsausgaben, keine Vertiefung der EU und keine Aufhebung des Kooperationsverbots im Bildungsbereich.

Das ist alles ziemlich genau das Gegenteil der SPD-Positionen. Dazu kamen auch noch einige harsche Töne, etwa von Landesgruppenchef Alexander Dobrindt gegen eine „linke Bildungspolitik“. Alles nicht sehr freundlich. Auffällig war jedoch, dass die CDU nicht in das gleiche Horn blies. Angela Merkel hatte intern die Losung ausgegeben, die Gespräche nicht unnötig mit Forderungskatalogen zu belasten. Noch auffälliger war, dass die Sozialdemokraten nicht gegen die CSU zurückkeilten und auch nicht ähnliche Wunschlisten aufmachten. In der SPD wird das Vorgehen der CSU als „typische Folklore vor der Landesgruppenklausur“ abgetan, und auch in der CDU gibt es die Einschätzung, „dass man solche Töne vor Seeon ja kennt“. Früher war Wildbad Kreuth der Austragungsort. Keiner will das Vorgeplänkel also allzu hoch hängen. Selbst CSU-Chef Horst Seehofer betonte in einem Interview, es handele sich nicht um rote Linien.

Bei ihrem Treffen heute wollen die Parteichefs vor allen Dingen Technisches für die von kommenden Sonntag bis zum 11. Januar geplanten fünftägigen Sondierungen besprechen. Etwa, wie die Öffentlichkeit jeweils unterrichtet wird. Aber auch einige inhaltliche Streitpunkte sollen heute schon geklärt werden. So sind die Minister Barbara Hendricks (Umwelt) und Christian Schmidt (Agrar) dazu geladen: Es geht um Glyphosat. Auch soll schon mit Fraktionsexperten über innenpolitische Fragen diskutiert werden. Man versucht an Themen abzuräumen, was abgeräumt werden kann.

Die am Sonntag beginnenden Sondierungen sollen den Charakter von „Klausursitzungen“ haben, jeweils schon vormittags beginnen und sehr intensiv sein. „Kurz und knackig“, heißt es. Jede der drei Parteien hat zwölf Unterhändler nominiert. Mal soll die große Runde der 36 tagen, dann wieder die kleine der Chefs. Mal werden kleine Expertenrunden einberufen. Je nach Bedarf und Thema. Herauskommen soll am Ende ein Papier, über das die Gremien aller drei Parteien am Freitag, 12. Januar, beraten können. Es soll wesentlich kürzer sein als das 63 Seiten lange Ergebnis der Jamaika-Sondierungen. Über diesen Text muss sich dann der SPD-Parteitag am 21. Januar in Bonn beugen und befinden, ob er ausreicht, in Koalitionsverhandlungen einzutreten oder eine Minderheitsregierung zu tolerieren. Oder ob man in der Opposition bleibt.

In jedem Fall will man bei den anstehenden Sondierungen „alles vermeiden, was an die Jamaika-Sondierungen erinnert“, so ein Insider. Also keine Balkonbilder, keine nächtelangen Sitzungen und auch hinterher keine langen Statements der Generalsekretäre. Getagt werden soll auch nicht in der Parlamentarischen Gesellschaft, wo sich Union, Grüne und FDP trafen, sondern in den Parteizentralen von SPD und CDU sowie in der Bayerischen Landesvertretung. Dort beginnt der Reigen an diesem Mittwoch.

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