"Vor uns liegt eine Zeit von Blut, Schweiß und Tränen"

Die Grünen wittern Morgenluft: Renate Künast pocht auf Vermögensabgabe und den Wegfall des Ehegattensplittings.

Berlin. (red) Die Grünen schwimmen derzeit auf einer Erfolgswelle, während Schwarz-Gelb kriselt. Dass es trotzdem in Nordrhein-Westfalen für ihre Partei in die Opposition geht, findet Grünen-Fraktionschefin Renate Künast bedauerlich, aber richtig. Mit der Ex-Ministerin sprach unser Korrespondent Werner Kolhoff.

Bei der Euro-Rettung stimmten Union und FDP nicht geschlossen für die Regierungsvorlage. Für wie angeschlagen halten Sie die Koalition? Künast: Dieser Koalition ist mit der Steuerschätzung, der Euro-Krise und der Wahlniederlage in Nordrhein-Westfalen alles abhandengekommen, was Grundlage ihrer Verabredungen war. Zudem stellen Union und FDP tagtäglich unter Beweis, dass sie das Handwerk des Regierens nicht beherrschen. Sie haben beim Krisenmanagement in Europa eine erbärmliche Nummer abgegeben. Diese Regierung ist an ihren tragenden Säulen beschädigt.

Auch die Kanzlerin, die bisher immer etwas über den Dingen stand? Künast: Das präsidiale Regieren, das Moderieren, diese Zeiten sind vorbei. Ihre Rücksichtnahme auf die FDP hat sie in der aktuellen Krise demaskiert als jemand, der nicht führt und nicht führen kann. Jetzt aber ist ein Stil gefragt, der Mut zeigt, der auch mal zieht und schiebt.

Die Regierung muss jetzt einen Sparhaushalt auflegen. Werden Sie das nutzen, um gegen sie mit populistischen Kampagnen Stimmung zu machen? Künast: Das ist nicht unsere Tour. Wir wissen, dass jetzt eine Zeit von Blut, Schweiß und Tränen vor uns liegt. Wir wollen, dass wir diese Zeit nutzen, um die Werte in dieser Gesellschaft neu zu bestimmen. Was ist uns wirklich wichtig, wofür wollen wir Steuergeld ausgeben und wofür weniger oder gar nichts mehr? Ein Beispiel: Ist es im 21. Jahrhundert noch richtig, die Ehe als Lebensweise an sich über das Ehegattensplitting steuerlich zu fördern, unabhängig davon, ob es Kinder gibt oder ob Angehörige gepflegt werden? Ich meine nein.

Haben Sie noch weitere Sparvorschläge? Künast: Unsere schädlichen Subventionen müssen abgebaut, die Verschmutzung der Umwelt verteuert werden. Dazu gehört der Verzicht auf die Ausnahmen von der Ökosteuer, die nicht zum Energiesparen anreizen, und auf das Dienstwagenprivileg, mit dem die größten Spritschlucker gefördert werden. Zudem brauchen wir eine Vermögensabgabe, um damit Schulden abzubauen. Wir leben ja nicht nur ungeniert auf Kosten der Natur, sondern auch auf Kosten der nächsten Generationen.

In Nordrhein-Westfalen reicht es nicht für eine rot-grüne Mehrheit; eine Linkskoalition kommt auch nicht zustande. Gehen Sie dort jetzt in die Opposition? Künast: Danach sieht es jetzt aus. Aber die Entscheidung ist richtig.

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