Der Mann mit dem halben Mantel

Was hat es eigentlich mit St. Martin auf sich? Und was hat er Besonderes getan, dass wir ihn jedes Jahr mit Musik, Laternen und Brezeln feiern?

Stellt euch mal vor, ihr wärt auf dem Weg zur Schule, zum Fußballtraining oder aber zum Klavierunterricht. Und auf einmal kämt ihr an einem Obdachlosen vorbei, der an diesem kalten Novembertag frierend auf dem Bürgersteig säße. Natürlich hättet ihr Mitleid mit ihm.
Und wahrscheinlich würdet ihr euch auch darüber Gedanken machen, wie man diesem armen Menschen helfen könnte. Aber es käme wohl kaum einer auf die Idee, ihm einfach die eigene Jacke zu geben, oder? Und selbst wenn: Wahrscheinlich gäbe es dann zu Hause auch noch dicken Ärger, weil ihr eure neue Jacke einfach so einem wildfremden Menschen geschenkt hättet.
Mit 15 Jahren zum Militär


Nun, der heilige Martin war einmal in einer ähnlichen Situation. Wobei er damals noch kein Heiliger war. Martin war zunächst Soldat. Und das auch nur, weil sein Vater es so wollte. Martin wurde nämlich im Jahr 316 als Sohn eines römischen Offiziers geboren. Es kann auch im Jahr 317 gewesen sein.
So ganz genau weiß man das heute nicht mehr. Wobei das auch keine Rolle spielt. Entscheidend ist, dass sein Vater Offizier war. Und wenn man damals einen römischen Offizier als Vater hatte, dann blieb einem im Grunde nicht viel anderes übrig, als selbst Soldat zu werden. Bei Martin war es jedenfalls so. Der Vater bestand darauf. Und so musste Martin bereits im Alter von 15 Jahren zum Militär.
Für Martin war das nichts. Er hatte keine Lust darauf, Soldat zu sein, um gegen andere Menschen zu kämpfen. Er hätte den Militärdienst gerne beendet, um anderen Menschen zu helfen. Denn Martin war sehr hilfsbereit und auch gläubig. Er wäre lieber Mönch geworden. Doch das hat beim Militär keinen interessiert. Und so musste Martin warten, bis er die vorgeschriebene Dienstzeit von 25 Jahren hinter sich hatte. Martin durfte die Armee also erst mit 40 Jahren verlassen - was ihn aber nicht daran hinderte, auch als Soldat anderen Menschen zu helfen. Und so kam es schließlich eines Tages zu dieser Situation, die wir aus Erzählungen kennen.
Martin war damals in Amiens, einer Stadt im nördlichen Frankreich, stationiert. Als er an einem bitterkalten Wintertag mit seinem Pferd durch das Stadttor reiten wollte, kam ihm ein Bettler entgegen, der nur mit Lumpen bekleidet war und vor Kälte kaum noch stehen konnte.
Martin war nicht der Einzige, dem der arme Mann Hilfe suchend entgegenlief. Doch die anderen taten so, als würden sie ihn nicht sehen. Und vielen, die vorbeikamen, war der Bettler sogar vollkommen egal. Nur Martin nicht.
Ein Traum mit Folgen


Der junge Soldat hatte Mitleid. Er nahm sein Schwert, teilte seinen Umhang, der ihn selbst vor der Kälte schützte, in zwei Teile und gab die eine Hälfte dem Bettler. Martin war es egal, dass der Umhang eigentlich Eigentum des Kaisers war und der Kaiser für diese Tat sicher wenig Verständnis hatte.
Und ihm war es auch egal, was die anderen Leute dachten. Und dass sie lachten, weil Martin nun mit einem zerschnittenen Gewand durch die Gegend ritt. Martin hatte in diesem Moment das Bedürfnis, dem armen Menschen zu helfen. Und das hat er dann auch getan.
Doch das ist nicht die ganze Geschichte. Es heißt nämlich, dass Martin in der darauf folgenden Nacht einen Traum hatte, in dem ihm Jesus Christus begegnete. Und zwar mit dem Stück des Umhangs, das Martin dem Bettler geschenkt hatte. "Martin, ich war der Bettler, mit dem du deinen Umhang geteilt hast", sagte Jesus.
Und als Martin wieder aufwachte, wusste er, dass er sein Leben ändern und zukünftig nicht mehr im Dienst der Armee, sondern im Dienst Gottes leben wollte.
Noch während seiner Zeit als Soldat ließ er sich taufen. Und nachdem er den Militärdienst beendet hatte, wurde er Mönch - und später sogar Bischof. Doch das ist eine andere Geschichte.

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