Heiße Hosen und lange Haare

Oberkail · In den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts hat sich in der bundesdeutschen Gesellschaft vieles verändert. Das ist auch in der Eifel der Fall gewesen. TV-Mitarbeiter Erich Gerten macht dies am Beispiel Oberkail deutlich.

Oberkail. Die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts waren eine Zeitspanne, in der sich das Aussehen der Eifeldörfer durch die Schließung vieler landwirtschaftlicher Betriebe veränderte. Ebenso wandelte sich das Aussehen der Menschen in Bezug auf Kleidung und Frisur. Dorf geschichten

Die Auswirkungen der deutschlandweiten Studentenproteste im Jahr 1968 gegen überholte Verhaltensformen des gesellschaftlichen Establishments wirkten sich auch in den Eifel dörfern aus, auch wenn die meisten Erwachsenen das Tun der Studenten als abwegig und unmoralisch ansahen. Die 68er, wie man die Rebellen bezeichnete, wurden eher als Drogen konsumierende Hippies wahrgenommen, denn als Menschen, die gesellschaftliche Strukturen ändern wollen. Die Älteren, gerade auch in der Eifel, pochten auf Traditionen. Dennoch veränderte das Gedankengut der Studenten im Zusammenhang mit neuen Musikrichtungen und neuer Mode auch Dörfer wie das seinerzeit 800 Einwohner zählende Oberkail. Die Abkehr von althergebrachten Kleiderordnungen geschah sehr rasch. Waren bis Mitte der 1960er Jahre Röcke und Kleider bei den Frauen obligatorisch, machten fast alle Mädchen und auch viele erwachsene Frauen die Hose zur neuen Standardbekleidung. Frauen in Hosen beziehungsweise mit unbedeckten Beinen, das war bis dahin undenkbar gewesen. Schnell änderte sich dies. Miniröcke wurden modern ebenso wie "Hot Pants". Diese knappen - korrekt übersetzt: heiße - Höschen mit viel Beinfreiheit waren in den Sommern der Jahre 1969/70 in Oberkail besonders gefragt. Auch bei den Jungen veränderte sich das äußere Erscheinungsbild. Jeanshosen wurden zum beliebten Kleidungsstück. In der Zeit um 1970 setzten sich Langhaarfrisuren bei der männlichen Jugend und bei Schulkindern durch. Statt kurz geschoren trug die Mehrzahl der jungen Männer lange Haare, teilweise bis zur Schulter. Das war man bisher nur von Mädchen gewöhnt. Nun gut, Mädchen in Hosen und Jungen mit Mädchenfrisur, das wurde mitunter als verkehrte Welt angesehen, aber allgemein schließlich doch akzeptiert. Allerdings hatte so manche Mutter Probleme, ihren Sohn mit Langhaarfrisur zu akzeptieren. In einem Haus in Oberkail führte dies zu einem Dialog zwischen Mutter und Sohn. Die Mutter - sie trug das übliche, mehr als schulterlange Haar - warf ihrem Sohn vor: "Deine langen Haare sind unhygienisch. Wenn Du sie dir weiterhin wachsen lässt, dann bekommst du mit der Zeit Läuse." Der Sohn antwortete schlagfertig: "Mutter, dann hättest du sie schon längst." ger

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