Kehrtwende beim Winterdienst

Prüm · Der Prümer Bauhof wird in diesem Winter wieder verstärkt die städtischen Straßen räumen - das ist die Lehre, die die Stadt aus der Situation im vergangenen Jahr gezogen hat. Damals hatte man aus Kostengründen den Winterdienst reduziert und damit viele Diskussionen ausgelöst. Nun bringt die Prümer Bürgerbewegung Gebühren ins Spiel.

 Viele Straßen in Prüm konnte man in den vergangenen Wintern nur eingeschränkt nutzen. TV-Foto: Archiv/Fritz-Peter Linden

Viele Straßen in Prüm konnte man in den vergangenen Wintern nur eingeschränkt nutzen. TV-Foto: Archiv/Fritz-Peter Linden

Prüm. "Ich weiß nicht, ob die Lösung im vergangenen Jahr etwas gebracht hat - außer vielen Diskussionen", sagt Prüms Stadtbürgermeisterin Mathilde Weinandy. Damals hatte der Stadtrat entschieden, den Winterdienst aus Kostengründen deutlich zu reduzieren. Im aktuellen Haushaltplan für 2012 sind rund 119 000 Euro dafür veranschlagt.
Der Landesrechnungshof kritisiert die Ausgaben, denn der Winterdienst ist eine freiwillige Leistung. Der Bauhof sollte folglich nur an besonders wichtigen Stellen räumen. In der übrigen Stadt sind laut Satzung die Bürger in der Pflicht, nicht nur ihren Gehweg, sondern auch ihre Hälfte der Straße von Schnee und Eis zu befreien.
Doch die Erfahrungen aus dem vergangenen Winter haben zu einem Umdenken geführt. In diesem Winter werde der Bauhof wieder wie gehabt räumen, kündigt Stadtchefin Weinandy an. "Aber wir versuchen, das möglichst sparsam hinzubekommen." Gleichzeitig betont sie, dass niemand einen Anspruch darauf habe, denn es sei nun einmal eine freiwillige Leistung der Stadt. "Außerdem wollen wir maßvoll mit dem Salz umgehen, das ist auch besser für die Umwelt und macht die Straßen nicht so kaputt", sagt Weinandy.
Unterdessen verfolgt die Prümer Bürgerbewegung (PBB) einen neuen Ansatz: "Wir sind aktuell dabei, einen Weg zu finden, wie man für den Winterdienst Gebühren erheben kann", sagt Fraktionssprecher Johannes Reuschen. Noch seien einige offene Fragen zu klären, beispielsweise müsse die Kehr- von der Räumpflicht getrennt werden. "Denn das kann die Stadt auf keinen Fall auch übernehmen", sagt Reuschen. "Aber wir wollen den sehr deutlichen Anstoß vom Landesrechnungshof aufgreifen." Auch müsse noch geklärt werden, wie hoch die Gebühren sein müssten und wie man vorgehe, wenn es beispielsweise in einem Jahr kaum Schnee gebe. Reuschen denkt an ein Modell mit eigenem Haushaltskonto, bei dem etwaige Überschüsse aus dem einen Jahr mit Fehlbeträgen aus anderen Jahren verrechnet werden könnten.
"Wir sind in der Stadt eine Solidargemeinschaft", sagt Reuschen. Wie bei den wiederkehrenden Beiträgen müssten dann auch diejenigen herangezogen werden, die an Kreis-, Landes- oder Bundesstraßen wohnen, die ohnehin von den Straßenmeistereien geräumt werden. Die Stadtbürgermeisterin hingegen hält nichts von den Plänen. Mit den Gebühren müsste man die Bürger zusätzlich belasten und damit einen Anspruch wecken, den man nur schwer erfüllen könne. Dann müsse der Bauhof viel mehr fahren und eventuell zusätzliches Gerät anschaffen, um wirklich alle Straßen bis zum frühen Morgen geräumt zu haben. "Mir wäre es lieber, wir belassen es, wie es jetzt ist. Damit sind wir immer gut zurechtgekommen."Meinung

Lösung mit Augenmaß
Schon jetzt finanzieren die Bürger den Winterdienst - über ihre Steuern und Abgaben, die in den städtischen Haushalt fließen. Was die Stadt für den Winterdienst ausgibt, muss an anderer Stelle eingenommen werden - oder es wird über Schulden an künftige Generationen weitergegeben. Von daher sollte man den Gedanken, die Kosten für den Winterdienst über Gebühren zu finanzieren, ehrlich prüfen. Die praktische Umsetzung ist allerdings nicht so einfach. Denn wer Geld verlangt, ist auch zur Leistung verpflichtet, und es ist etwas anderes, ob der Bauhof den ganzen Tag über mit Augenmaß die wichtigsten Straßen vom Schnee befreit, oder ob bis morgens um 7 Uhr selbst der letzte Nebenweg geräumt werden muss, weil auch diese Anlieger für ihre Gebühren eine Gegenleistung erwarten. Von der ungeklärten Haftungsfrage bei Stürzen ganz abgesehen. Daher gibt es viele Argumente, die für die derzeitige freiwillige Lösung sprechen. Allerdings sollte man versuchen, die Kosten hierfür auf das absolut notwendige Minimum zu reduzieren, selbst wenn damit der Standard früherer Jahre nicht mehr gehalten werden kann. c.brunker@volksfreund.deExtra

Horst Follmann (CDU): "Wir hätten das Fass am besten gar nicht aufgemacht", sagt der CDU-Fraktionssprecher. Man könne die vielen alten Leute nicht auf die Straße schicken und von ihnen verlangen, neben dem Gehweg auch noch die halbe Straßenseite zu räumen. "Von daher sollten wir das so machen, wie es bisher war." Der Idee, Gebühren zu erheben, steht er skeptisch gegenüber. "Damit kommt ja auch eine Verpflichtung auf die Stadt zu. Denn mit Gebühren entsteht ja auch ein Rechtsanspruch und es stellt sich die Frage, wer denn verantwortlich ist, wenn etwas passiert." Markus Fischbach (SPD): "Das Problem ist ja, dass viele ältere Leute es nicht schaffen, ihren Gehweg zu räumen. Und laut Satzung müssten sie auch noch die halbe Straße freimachen. Vielleicht sollte man sich generell einmal Gedanken machen, ob man die Satzung aus den 1960er Jahren mal auf den Stand von 2012 anpasst." Erich Reichertz (Liste Kleis): "Wir haben uns über das Thema noch keine Gedanken gemacht." Es gebe sowohl Argumente für eine Gebühr und welche dagegen, daher könne er sich noch kein Urteil bilden. Aber über eine Neufassung der Straßenreinigungssatzung nachzudenken, sei auf jeden Fall ein richtiger Ansatz. Wobei es schwer sei, eine Ideallösung zu finden. ch

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