Nach Terror am Telefon gegen Bitburger Ratsmitglieder - Reichsbürger geht in Berufung

Bitburg · Ein so genannter Reichsbürger hat Mitglieder des Stadtrats am Telefon bedroht. Damit, dass er zu zehn Monaten Gefängnis verurteilt wurde, will sich der Mann aber nicht abfinden.

 Auch mit einem Festnetztelefon telefonieren die meisten Verbraucher inzwischen über die Internetleitung. Klassische Anschlüsse mit analoger Technik oder ISDN sind selten geworden. Foto: Marc Müller

Auch mit einem Festnetztelefon telefonieren die meisten Verbraucher inzwischen über die Internetleitung. Klassische Anschlüsse mit analoger Technik oder ISDN sind selten geworden. Foto: Marc Müller

Dass die Hemmschwelle immer niedriger wird, weiß Peter Berger aus eigener Erfahrung: "Ich bekomme immer öfter Anrufe von Leuten, die mich beschimpfen." Als Mitglied der Grünen im Stadtrat habe Berger schon einige Unmutsäußerungen und Frechheiten über sich ergehen lassen. Doch das, was sich nun ereignet hat, ging ihm dann doch eine Spur zu weit.

"Das war mittags vor einer Stadtratssitzung", erinnert sich Berger, "das Telefon hat geklingelt, und als ich ran bin, hat mich ein Mann als grüne Sau, Arschloch und Kinderschänder beschimpft und mir gesagt, dass ich mich aus Deutschland verpissen soll." Er habe dann einfach aufgelegt, aber ohne Erfolg. Kurz darauf habe es wieder geklingelt. Beim dritten Anruf sei er nicht mehr ans Telefon gegangen.
Was Berger zu diesem Zeitpunkt, das war im Sommer 2016, nicht weiß: Er ist nicht das einzige Stadtratsmitglied, das von dem Mann angerufen und bedroht wird.

Was der unbekannte Mann nicht ahnt: Diese Anrufe haben Konsequenzen.
Wie sich nämlich noch am gleichen Tag in der Stadtratssitzung herausstellt, wurden außer Berger auch noch seine beiden Fraktionskollegen Johannes Roß-Klein und Heinrich-Paul Bies sowie Andreas Gerten, Vorsitzender des CDU-Stadtverbands, angerufen und beschimpft. Ob der Mann es an diesem Tag noch bei weiteren Kommunalpolitikern versucht hat, ist nicht bekannt. Die vier Männer, die der Mann erreicht hat, wollten sich das jedenfalls nicht gefallen lassen. Es kam zur Anzeige.

Durch eine Überprüfung der Telefondaten konnte die Polizei den Unbekannten ermitteln. Und weil der 57-jährige Mann aus der Eifel seine Beleidigungen und Drohungen auch noch auf einem Anrufbeantworter und einer Mailbox hinterlassen hatte, konnte ihm die Tat auch zweifelsfrei nachgewiesen werden. Die Verhandlung vor dem Amtsgericht Bitburg war dann für alle Beteiligten ein einschneidendes Erlebnis.

"Ich bin ja nicht aus Zucker", sagt Roß-Klein, "aber das war richtig heftig." Der Mann, der nach eigener Aussage ein so genannter Reichsbürger ist, erkennt als solcher die deutsche Gerichtsbarkeit nämlich nicht an. Und wie Berger erklärt, habe der Mann das dann auch zu Beginn der Verhandlung gesagt, die Sitzung dann eigenmächtig verlassen, um eine Weile später von vier Sicherheitsbeamten gegen seinen Willen zurück in den Gerichtssaal gebracht zu werden.

"Der hat sich aufgeführt wie ein Wilder", sagt Berger. Ähnlich erschüttert war auch Roß-Klein. Er habe mit seinen Schulklassen schon des öfteren Gerichtsverhandlungen besucht, sagt der Realschullehrer. Doch so etwas wie bei dieser Sitzung habe er noch nicht erlebt. Allein das Vorlesen sämtlicher Vorstrafen habe eine gefühlte Stunde gedauert. Diese Vorstrafen, die sich daraus ergebende ungünstige Sozialprognose und die Tatsache, dass der 57-Jährige sich erst kurz zuvor wegen Fahrens ohne Führerschein verantworten musste, führen schließlich zu einem Strafmaß, mit dem selbst die vier Zeugen nicht gerechnet hatten: Der so genannte Reichsbürger wird zu zehn Monaten Gefängnis ohne Bewährung verurteilt.

Angetreten hat er diese Haftstrafe bislang aber noch nicht. Denn gegen das Urteil wurde Berufung eingelegt, weshalb nun am 7. Juni vor dem Landgericht Trier ein weiteres Mal verhandelt wird. Die drei Stadtratsmitglieder haben vor wenigen Tagen ein Schreiben bekommen, mit dem sie erneut als Zeugen geladen werden. Ebenso der CDU-Stadtverbandsvorsitzende Gerten.

Zum Vorfall selbst wolle sich Gerten nicht weiter äußern, da er die Rechtsauffassung der selbsternannten Reichsbürger in keiner Weise teile. "Für mich ist Demokratie eines der höchsten Güter", sagt Gerten, "und dafür setze ich mich auch weiterhin ein."

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