Von der Turnhalle zur Cocktail bar mit mexikanischem Restaurant

Bitburg · Die ehemalige Turnhalle neben dem Kreismuseum in Bitburgs Trierer Straße taugt anscheinend für alles: In 100 Jahren diente sie dem Schulsport, war politische Bühne, Leichenhalle, Polizeidienststelle, Lagerhalle und Gaststätte. Jetzt wird sie zur Kleinkunstbühne. Dass sie im hohen Alter so rüstig ist, verdankt sie der Liebe eines Bitburger Schreiners.

Bitburg. Junge Leute lassen sich an den Wochenenden an der 16 Meter langen Theke nieder, essen Enchiladas und trinken Cocktails: Wo man sich heute zum Chillen im Canesitas trifft, ging es nicht immer so locker zu. Vor 100 Jahren regierte hier die Trillerpfeife bei der Körperertüchtigung. Zwischendurch, während des Dritten Reichs, nutzten die Nationalsozialisten die Turnhalle für Propagandaveranstaltungen. Sie war sogar Leichenhalle, später bot sie der Polizei ein Dach über dem Kopf. Lange Zeit stand sie einfach nur leer oder war Sammelstelle für Hilfsgüter einer Wohltätigkeitsorganisation. Bis mit dem Jahrtausendwechsel die Wende kam. 1999 erwarb Willi Notte das Gebäude mittels Erbpachtrecht, um es zu sanieren. Im Vertrag ist vorgesehen, dass sie spätestens nach 60 Jahren in den Besitz der Stadt zurückkehrt.
Für Notte erfüllte sich ein Traum. Schon als Kind führte ihn sein Schulweg täglich an der alten Turnhalle vorbei, und immer dachte er: "Wie schade, so marode und ungenutzt."
Als Besitzer einer Schreinerei überzeugte er die Stadt mit der Idee, die Halle rundum in Schuss zu bringen und im Stil eines Wiener Caféhauses wiederzubeleben.
Ein Jahr dauerte die Sanierung. Notte unterkellerte die Halle für Toiletten und Lagerräume, zog eine korbbogenförmige Decke in der Halle ein, legte ein Kreuzgewölbe im Eingangsbereich an, verlegte Eichendielen und vertäfelte die Wände mit Holz.
Der Denkmalpfleger des Kreises, Detlef Kleintitschen, lobt das Ergebnis als "äußerst gelungenes Beispiel von einem sensiblen Umgang mit der historischen Substanz und der Würdigung der ehemaligen Raumwirkung".
Wer die Halle betritt, findet allerdings eher buntes südamerikanisches Ambiente als die angedachte klassische Wiener Caféhausnostalgie vor. Ganz nach den Vorstellungen von Michael Bost, der vor 13 Jahren als Mieter mit einer Mischung aus Cocktail bar und mexikanischem Restaurant das Ruder in die Hand nahm. Für Gastronomie sei die Halle ideal, sagt er.
Vor allem wegen der zentralen Lage sowie der Architektur, die viele Gäste begeistere. Und nicht zuletzt wegen des Biergartens, den selbst der Denkmalpfleger als "Bereicherung" für das Ensemble betrachtet.
Persönliche Gefühle


Besitzer Willi Notte schätzt das Gebäude vor allem als ein "authentisches Dokument seiner Zeit". Warum er so daran hängt? Es sind ganz persönliche Gefühle, die daher rühren, dass er als Kind selbst in der Halle mit dem Sportverein trainierte. Auch die aufwendige Architektur der acht Meter hohen Halle mit ihren großen Rundbogenfenstern steigert die einstige Turnhalle in seiner Wertschätzung. "Es ist ein einzigartiges Gebäude in der Stadt", bestätigt Gastronom Michael Bost. Ab Februar will er es einmal im Monat, immer sonntags, mit Kultur- und Comedy-Veranstaltungen füllen. sys
Extra

Das Haus in der Trierer Straße 11 wurde 1906 als Turnhalle für die nebenstehende Schule, heute Kreismuseum, gebaut. Das Gebäude mit seinen neoromanischen Elementen besteht aus der Halle und einem quer vorgelagerten Bau. Dieser mit Sandstein verkleidete Kopfbau besteht aus einem dreigeschossigen Mittelbau mit Rundbogenportal, an den sich links und rechts zweigeschossige Seitenteile anschließen, die in Bruchsteinsichtmauerwerk gehalten sind. Seit 1981 steht das Gebäude unter Denkmalschutz. sys

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