Wandern ist langweilig? Von wegen!

In fast jedem Museum gibt es sie bereits, die Audioguides, die Besucher mit Informationen aus den Kopfhörern durch die Ausstellung führen. Was drinnen funktioniert, kann auch draußen nicht verkehrt sein: In Bollendorf werden Wanderer jetzt mit iPods, tragbaren Musikabspielgeräten, durch das Felsenland geführt.

Bollendorf. Die Bollendorfer dürften nicht schlecht gestaunt haben, als sie jüngst einen Zettel in ihren Briefkästen fanden: "Wandern ist langweilig. Euer Max" stand darauf in kindlich krakeliger Handschrift. Mehr nicht. Das Rätselraten war groß, bis zwei Tage später ein neuer Flyer verteilt wurde, der Aufklärung brachte: "Wandern ist langweilig. Jetzt nicht mehr: iPod ausleihen und den Bollendorfer Wald auf eine neue, persönliche Art erleben."

Hinter der Aktion steckt der Bollendorfer Verkehrsverein, der damit auf das neue gemeinsame Angebot des Verkehrsvereins, der Ortsgemeinde, des Naturparks Südeifel und 14 Fremdenverkehrsbetrieben aus Bollendorf aufmerksam machen will: die iPod-Hörwanderung "Grüne Hölle" in Bollendorf (siehe Extra). Eine Audiotour entlang der Sehenswürdigkeiten der Gemeinde - sieben Kilometer lang mit zehn Stationen, an denen die Wanderer innehalten und ihrem iPod lauschen sollen. Was sie da zu hören bekommen, ist keine nüchterne Aufzählung von Fakten zu den einzelnen Aussichtspunkten, sondern es sind persönliche, unterhaltsame Erfahrungen und Erlebnisse von Menschen aus dem Dorf, gespickt mit vielen interessanten Informationen.

Warnung vor der Kräuterhexe

 Natur neu erleben: Diese Wanderer bekommen gerade das Panorama von der Kreuzlay erklärt. Foto: privat

Natur neu erleben: Diese Wanderer bekommen gerade das Panorama von der Kreuzlay erklärt. Foto: privat



"Der Gast lernt nicht nur unsere Gegend, sondern auch die Bollendorfer kennen", sagt Kurt Allar, Vorsitzender des Verkehrsvereins.

Direkt im Wald wurden die Gesprächspartner von Radiomoderator und früherem TV-Mitarbeiter Marco Neises, der die Idee für das Projekt hatte, interviewt. So verrät beispielsweise der Bollendorfer Paul Colljung, wie er einst Kaffee über die Grenze geschmuggelt hat, der Hausarzt gibt Tipps, und Wanderführer Manfred Schmidt warnt vor einer 300 Jahre alten Kräuterhexe.

Ziel des Angebots ist es vor allem, neue Zielgruppen in den Wald zu locken. "Kinder finden Wandern ja oft langweilig - damit ist es jetzt hoffentlich vorbei", sagt Marc Bonny vom Fachbereich Tourismusentwicklung bei der Verbandsgemeinde Irrel.

Dass das Konzept grundsätzlich funktioniert und gut ankommt, zeigt die Hörwanderung in der Naturerkundungsstation Teufelsschlucht in Ernzen, die seit März angeboten wird.

Zwar gibt es noch keine Auswertung darüber, wie oft die Abspielgeräte dort bislang ausgeliehen wurden, dennoch sagt Bonny: "Wir hatten in der Teufelsschlucht mit einem Richtwert von zehn ausgeliehenen iPods pro Tag kalkuliert, das wird bereits jetzt überschritten."

Und auch in Bollendorf sind der Verkehrsverein, die Betriebe, die Ortsgemeinde und der Naturpark Südeifel optimistisch, dass das neue Angebot zur Herbstwandersaison gut aufgenommen wird und die rund 15 000 Euro, die die Umsetzung des Projektes gekostet haben, gut investiert sind - damit künftig niemand mehr in krakeliger Handschrift sagen wird: "Wandern ist langweilig."

Extra Hörwanderung "Grüne Hölle": Die sieben Kilometer lange Wander-Erlebnistour führt in zehn Stationen vorbei an den Bollendorfer "Wander-Klassikern", beispielsweise die "Grüne Hölle", Eulenhorst, Kreuzlay, Predigtstuhl und vielen anderen. Für die Route braucht der Wanderer ungefähr vier Stunden. Bei 13 Verleihstationen in Bollendorf, darunter alle Hotels, kleine Pensionen, ein Campingplatz und die Jugendherberge, können iPods mit Kopfhörer oder Lautsprecher für einen Preis von 4,50 Euro ausgeliehen werden. Die Audiotour gibt es zudem auch auf Französisch und Niederländisch: Sie wurde von Bollendorfern und einem Niederländer, der seit Jahrzehnten dort Urlaub macht, aufgenommen. Weitere Informationen, auch zu den einzelnen Verleihstationen gibt es unter www.bollendorf.de (neb)

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