Warum Nikolaus auf sein Fest verzichten muss

Die Kirmes hat viele Namen, zum Beispiel Kerb, Kermes oder Kirbe. Aber alle bedeuten "Kirchweihe" und meinen das religiöse Fest anlässlich der Weihe einer christlichen Kirche. Und dieses Fest deckt sich meist mit dem Festdatum des gewählten Kirchenpatrons oder Schutzheiligen einer Gemeinde. In Daun jedoch ist das anders.

 Statue mit Innenleben: Bei Restaurierungsarbeiten fand man Schenkungsurkunden im Inneren der Laurentius-Figur, die in der Dauner Nikolauskirche steht. TV-Foto: Alois Meyer

Statue mit Innenleben: Bei Restaurierungsarbeiten fand man Schenkungsurkunden im Inneren der Laurentius-Figur, die in der Dauner Nikolauskirche steht. TV-Foto: Alois Meyer

Daun. Der Schutzpatron der Stadt und der Pfarrkirche Daun ist der heilige Nikolaus. Sein Festtag ist der 6. Dezember. Aber die Dauner Kirmes wird nicht an diesem Tag gefeiert, sondern Anfang August, dem Festtag des heiligen Laurentius. Und dieser ist der zweite Stadtpatron. Warum Nikolaus zugunsten von Laurentius auf sein Fest verzichten muss, ist historisch begründet.

Laurentius war seit Jahrhunderten Kirchenpatron der Nachbarpfarrei Dockweiler, das im 16. Jahrhundert zum Machtbereich der Herren und Grafen von Manderscheid-Schleiden gehörte. Graf Diedrich V. begeisterte sich für die Ideen der Reformation und trat vom katholischen zum lutherischen Glauben über. Gemäß damaliger Rechtsgewohnheit mussten sich daraufhin alle seine Untertanen ebenfalls zur protestantischen Lehre bekennen oder in andere Kreise auswandern, was nahezu unmöglich war. So wurde die Pfarrei Dockweiler protestantisch. Der katholische Pfarrer namens Pantaleon Daun wurde aus der Pfarrei verwiesen. Seine Stelle vergab Graf Diedrich dem lutherischen Pfarrer Sixtus Hoffmann. Er ist von 1580 bis 1593 nachweisbar. Und jener Pfarrer Hoffmann ließ gemäß der lutherischen Lehre alle Bilder, Engel- und Heiligenfiguren aus der Kirche und den Filialkapellen entfernen. Dazu zählte auch die lebensgroße Figur des Kirchenpatrons Laurentius. Dieser "Bildersturm" sprach sich herum bis Daun, erregte die Gemüter der Katholiken und bewegte den Dauner Pastor Johann Arnoldi, diese Figur nach Daun zu holen.

Weltliche Feiern waren in der Adventszeit nicht erlaubt



Diese wurde in der Dauner Nikolauskirche aufgestellt. Rasch wurde Laurentius zum zweiten Dauner Stadtpatron. Das war günstig, denn nun konnten Pfarrei und Stadt ihre bisherige Kirmes aus Adventszeit, in der weltliche Feiern untersagt waren, in den Sommer verlegen. Am 10. August ist nämlich der Gedenktag Laurentius'. Diese Verlegung erlaubte der Kölner Erzbischof, zu dessen Erzbistum Daun gehörte.

Nach seiner Ankunft in Daun wurde Laurentius dort sehr verehrt. Seit dieser Zeit melden Urkunden, dass ihm zu Ehren ein Altar errichtet wurde, sich eine Laurentius-Bruderschaft gründete und eine Glocke seinen Namen trug. Am 16. Februar 1741 gewährte Papst Benedikt XIV. der Dauner Pfarrkirche eine "Gunst". Jeder, der an dessen Festtage in der Kirche den "Rostheiligen" verehrte, erhielt einen vollkommenen Ablass.

Doch der heilige Laurentius war ebenfalls froh mit den Daunern: Der Überlieferung nach soll er ihnen ein Geschenk gemacht haben. Beim Ausbessern und Wiederherstellen der Figur entdeckte man eine verborgene Öffnung im Holzkörper des Heiligen. Als man sie öffnete, fanden sich in ihr Urkunden und Schenkungspapiere über ertragreiche Weingüter und sonstige Besitzungen an der Mosel. Diese kamen nun ganz der Dauner Kirche zugute. Die letzten kircheneigenen Besitzungen sollen erst nach dem letzten Kriege veräußert worden sein, um mit dem Erlös den Neubau der im Krieg zerstörten Nikolauskirche mit zu finanzieren.

Nach dem Tod des Grafen Diedrich VI. erbten die katholischen Grafen von Kerpen und Kasselburg dessen Besitzungen. Und wieder mussten alle Untertanen ihre Religion wechseln. Nun wollten die Dockweilerer "ihren" Laurentius zurück haben. Ohne Erfolg. Bis heute behauptet der eine oder andere Bürger aus Dockweiler, die Dauner hätten diese Figur gestohlen, aber dies ist unbewiesen. Ein Diebstahl hätte unweigerlich zu Prozessen geführt. Es wäre ein Kapitalverbrechen gewesen, bei dem Herrschaftsgrenzen und Hoheitsrechte verletzt worden wären. Untertanen der Herren von Daun hätten niemals ohne Erlaubnis etwas aus dem Herrschaftsbereich der Manderscheider nehmen dürfen.

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