Bildung Von der roten Liste gestrichen

Auw/Karlshausen/Preist · Schüler in Karlshausen, Preist und Auw können aufatmen. Ihre Grundschulen sind laut dem Bildungsministerium zwar zu klein. Sie werden aber nicht geschlossen. Anders lief es in Oberkail. Was haben die einen, was den anderen fehlt?

Schulen in Preist, Karlshausen und Auw bleiben erhalten
Foto: Photographer: Rudolf Hoeser

Jeder kennt „Freude schöner Götterfunken“. Aber in dieser Version werden die meisten das Lied von Beethoven noch nicht gehört haben. Am 22. September postet die Grundschule Karlshausen eine Variation des klassischen Stücks auf Facebook. Sie ist nicht nur deshalb besonders, weil sie von den Schülern gesungen wird. Auch im Text geht es um die Südeifeler Zwergschule. „Unsere Schule ist die größte, sind wir auch noch so klein“, schmettern die Jungs und Mädchen. Das Video zum Lied zeigt Bilder aus dem Alltag der Kinder - bei der Theateraufführung, beim Toben im Schnee, beim Karneval. 63 Personen gefällt der Film, 118 haben ihn geteilt. Ob auch ein Entscheidungsträger beim rheinland-pfälzischen Bildungsministerium darunter ist? Die Behörde hat jedenfalls kürzlich bestimmt, dass die Schule in Karlshausen erhalten bleiben so.

Tatsächlich werden nach aktuellem Beschluss nur neun von 41 Dorfschulen, die eingangs auf der roten Liste standen, schließen. Geprüft wurden Schulen, die nach Ansicht des Ministeriums, zu klein sind. Darunter waren auch vier Standorte im Eifelkreis Bitburg-Prüm (der TV berichtete mehrfach). In allen Fällen haben sich die Verbandsgemeinden für ihre Schulen eingesetzt, Konzepte erarbeitet und zusammen mit Elternsprechern Unterschriften gesammelt. Nicht alle waren sie erfolgreich. Die Oberkailer Grundschule steht weiterhin vor dem Aus. Die anderen drei in Auw bei Prüm, Karlshausen und Preist, haben die Prüfung der Aufsichts- und Genehmigungsdirektion (ADD) Trier bestanden. Woran liegt’s? Ein Überblick:

Der Schulsong hat für den Weiterbestand der Grundschule Karlshausen wohl kaum eine Rolle gespielt - sondern „handfeste Argumente“, wie Moritz Petry es ausdrückt. Der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Südeifel lobt die „gute und wertvolle Arbeit“ die vor Ort geleistet werde. Aber auch die Entfernung zur nächsten Grundschule habe eine Rolle gespielt.

Dies bestätigt auch die ADD auf Anfrage des TV. Für Karlshausener Kinder sei es laut einem Sprecher der Behörde „mehr als problematisch“ von ihrem Heimatort nach Neuerburg, Daleiden oder Körperich zu kommen. Mindestens 30 Minuten Busfahrt würden dann zwischen ihnen und dem Klassenraum liegen. Das hielt man bei der ADD offenbar für nicht tragbar.Aber auch die Schülerzahlen wird die Direktion sich angeschaut haben. Von den vier Eifeler Standorten, die auf der Kippe standen, wird Karlshausen gegenwärtig am Besten besucht. 40 Kinder sitzen dort in den Klassenzimmern. Noch wichtiger für die Analytiker: Prognosen versprechen, dass es bei etwa 40 Schülern bleiben wird.

Mit diesen Zahlen kann die Zwergschule in Auw bei Prüm  nicht mithalten. Zwischen 30 und 35 Mädchen und Jungs werden in dem Schneifelort dauerhaft zur Schule gehen. In diesem Fall hat das der ADD aber offenbar gereicht. Der Grund laut der Behörde: Die nächstgelegene Grundschule in Bleialf hat keinen Platz für die Auwer.

Hier wären bei Schließung des Standortes große Investitionen und Umbauten nötig, meint auch Aloysius Söhngen, VG-Bürgermeister von Prüm. Hinzukommt dass zwischen den beiden Orten rund zehn Kilometer liegen.

Auch im Umkreis von Preist gibt es noch weitere Grundschulen, beispielsweise in Orenhofen und Spangdahlem. Allerdings kann der Eifelort als einziger mit steigenden Schülerzahlen aufwarten. Das zumindest erwartet Manfred Rodens, Bürgermeister der VG-Speicher. Gegenwärtig sitzen dort 36 Kinder in den Klassenräumen. 2020 sollen es laut Konzept 40 sein, 2022 dann schon 48.

Entscheidend für die Behörde war aber offenbar nicht diese Statistik, sondern „die Akzeptanz der Eltern“, wie ein Sprecher mitteilt: „Fast alle Eltern des Schulbezirks lassen ihre Kinder am Schulstandort Preist beschulen.“

Akzeptanz, ja Unterstützung der Eltern, gab es aber auch in Oberkail. Die Eifeler haben Unterschriften gesammelt, Transparente geklebt und online einigen Wirbel gemacht (der TV berichtete) - aber eben nicht alle Eltern. Laut ADD schickten viele Mütter und Väter schon heute ihre Kinder auf umliegende Grundschulen, etwa nach Kyllburg. Die Prognose der Schülerzahl überzeugte die Behörde ebenfalls nicht. Es sei zu erwarten, dass die Klassenstärke weiter sinke, teilen die Trierer mit.

Nun, da die Entscheidung feststeht, will sich auch Schulelternsprecherin Tanja Densborn zu der Schließung äußern: „Es herrscht immer noch großer Unmut und Unverständnis über die vom Bildungsministerium ausgesprochene Empfehlung.“ Sehr verärgert seien alle Familien, die aktuell sowie zukünftig betroffen wären, wenn es zur Schließung käme - ebenso die Ortsgemeinden des Einzugsgebietes der Schule. Man erfahre aber nach wie vor viel Solidarität und Rückendeckung aus der ganzen Region.

Damit hätte die Eifel die erste Schließungswelle hinter sich. Ob es eine zweite geben wird, will der Sprecher der ADD weder explizit bestätigen noch verneinen.

Es sei bei den Prüfungen zwar darum gegangen ein „zukunftssicheres Angebot“ zu schaffen. Allerdings bliebe es Aufgabe der Träger sich regelmäßig und dauerhaft mit „den Perspektiven der Standorte“ zu beschäftigen.

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