Aus dem Archiv (Dezember 2018) VRT will Busverkehr in der Eifel um 80 Prozent ausbauen

Trier/Bitburg/Wittlich/Daun · Das neue Nahverkehrskonzept der Region Trier wird konkret. Nach jahrelanger Planung wird das Busangebot in der Vulkaneifel verbessert. Weitere Linien, auch in der Südeifel, sollen 2019 folgen.

Morgens fahren sie noch. Dann wird es eng. Tagsüber werden manche Orte in der Region Trier kaum vom Öffentlichen Personannahverkehr (kurz: ÖPNV) angefahren, abends schon gar nicht. Wer früh von Heidweiler nach Wittlich, von Franzenheim nach Trier oder von Winkel nach Daun fährt, kommt später nicht mehr zurück.

Das Angebot auf dem Land geht seit Jahren zurück, auch weil niemand mehr einsteigt. Es ist ein Teufelskreis: Autobesitzer verlassen sich nicht mehr auf den schlechter werdenden Nahverkehr. Doch umso weniger Leute ihn nutzen, desto weniger lohnt sich der Betrieb.

In Städten wie Trier oder Wittlich sind die Busse teils noch gut gefüllt, in ländlichen Regionen fahren aber fast nur noch Schüler mit. Von denen wird es aber in Zukunft immer weniger geben, sagen Experten, die den demografischen Wandel beobachten.

Schon jetzt sei der ÖPNV für die Landkreise in der Region Trier ein Verlustgeschäft und könne nur mit Zuschüssen aufrechterhalten werden, sagt Barbara Schwarz, Geschäftführerin des Verkehrsverbundes Trier (VRT). Und noch weniger Schüler bedeuten noch weniger verkaufte Tickets und noch höhere Kosten für die Kommunen.

Seit Jahren arbeitet der VRT daher zusammen mit den vier Landkreisen (Trier-Saarburg, Eifelkreis Bitburg-Prüm, Bernkastel-Wittlich und Vulkaneifel), dem rheinland-pfälzischen Wirtschaftsministerium sowie dem Zweckverband Schienenpersonennahverkehr Nord an einer Lösung. Die Idee: über eine Ausweitung des Angebotes mehr Leute zum Um- und Einsteigen zu bringen – und das bei kaum steigenden Kosten. Der Eifelkreis Bitburg-Prüm, in dem die Planung recht weit fortgeschritten ist, rechnet nur mit 16 Prozent höheren Ausgaben.

Das Ziel: Der VRT hat sich vorgenommen, den Nahverkehr um 80 Prozent auszubauen. Knotenpunkte sollen in Zukunft jede Stunde oder zumindest alle zwei Stunden angefahren werden – von morgens 6 bis abends 22 Uhr. Solche Haltestellen wird es nach aktuellem Plan in allen Städten und vielen kleineren und größeren Gemeinden geben (siehe Info). Abgelegenere Orte sollen entweder seltener oder von einem Rufbus bedient werden. Dieser wird aber wohl nur im Eifelkreis und im Vulkaneifelkreis zum Einsatz kommen, wie eine TV-Anfrage beim VRT ergab. Das könnte mit der Struktur der ländlichen Struktur dieser Regionen zusammenhängen.

Aber nicht nur die Frequenz der Busse will der VRT erhöhen. Auch die Fahrpläne sollen übersichtlicher werden, die Taktung effektiver und an andere Verkehrsmittel ausgerichtet. „Heute können Sie ja keinen Fahrplan mehr lesen, ohne studiert zu haben“, meint Schwarz.

Nicht nur werden die Busse daher immer zu bestimmten Zeiten in einem Ort halten: etwa um 9.27 Uhr, 10.27 Uhr, 11.27 Uhr. Sie sollen auch aufeinander warten. Dass einem der Bus vor der Nase wegfährt, wenn man aus der Bahn steigt, dürfe dann nicht mehr vorkommen.

Nicht zuletzt stehe außerdem der Standard und der Komfort der Fahrzeuge künftig zur Debatte. „In Rheinland-Pfalz fährt die älteste Flotte Deutschlands“, sagt Schwarz. Künftig sollen nur Busse eingesetzt werden, die ein Alter von 20 Jahren nicht überschreiten.

Das Konzept: Wer verstehen will, wie sich das alles finanzieren lässt, muss sich das Liniennetz anschauen. In der Region gibt es viele Haltestellen, an denen kaum Passagiere warten –  etwa im Hunsrück, in der Eifel oder im Moseltal.

Mit anderen Routen hingegen lässt sich nach wie vor „gutes Geld verdienen“, wie Schwarz sagt: etwa mit solchen, auf denen viele Schüler oder Pendler unterwegs sind. Nun ist es in der Vergangenheit so gewesen, dass sich Busunternehmen genau diese Linien sicherten und die weniger rentablen links liegen ließen. Mit dieser „Rosinenpickerei“ soll bald Schluss sein.

 Verhindern wollen die Planer das, indem sie Linien zusammenfassen. Aktuell sind 15 Bündel vorgesehen, die  europaweit ausgeschrieben werden. Zum einen hoffen VRT und Kommunen dadurch auf mehr Wettbewerb zwischen den Firmen. Zum anderen müssen Betriebe, die ihre Busse auf die Reise schicken, in Zukunft alle Routen in einem Gebiet bedienen – ob lukrativ oder nicht.

Derzeit lassen viele Unternehmer ihre Fahrzeuge lieber auf dem Parkplatz stehen, als sie rund um Arzfeld, Manderscheid, Thalfang oder Kell am See Runden drehen zu lassen. Weil sich das für die wenigen Tickets nicht lohnen würde. Doch künftig sollen sie darüber nicht mehr selbst entscheiden dürfen. Denn ein Systemwechsel ist im Gang.

Der ÖPNV soll komplett aus der kommunalen Hand finanziert werden, also von VRT und Land. Busunternehmen müssen dem Träger daher künftig Einblick in ihre Daten gewähren: Wo haben sie Gewinne eingefahren, wo Verluste, die es zu kompensieren gilt. „Künftig bezahlen wir, bestimmen und bestellen also auch“, sagt Schwarz. Die VRT-Chefin hofft, dass die Bürger diese Bestellung auch annehmen. Wenn nicht mehr Tickets verkauft würden, ließe sich das Großprojekt nicht finanzieren. Losgehen soll es diese Woche in der Vulkaneifel. Danach werden bis 2025 Stück für Stück neue Linien hinzukommen.

Die Linienbündel: Das erste Linienbündel geht am kommenden Sonntag, dem 9. Dezember, in der „östlichen Vulkaneifel“ an den Start. Der Grund: Rund um Kelberg und Uersfeld gab es viel Luft nach oben. Viele Orte waren wenig bis gar nicht angebunden. Künftig sollen Hauptlinien zwischen Daun, Kelberg, Boxberg und Ulmen verkehren und ein Rufbus alle weiteren Dörfer auf Anruf anfahren.

Danach sind im September 2019 die römische Weinstraße (rund um Schweich), die Region Trier Land und das Moseltal dran. Im Dezember folgen die Südeifel und die Schneifel.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort