Rücktritt nach Nazi-Vergleich

Trier/Saarburg · Der Kinderschutzbund Trier distanziert sich von Aussagen seines Mitglieds Elke Boné-Leis zur Abschiebung der Familie Memedov aus Saarburg. Boné-Leis zieht indes Konsequenzen.

 Die Regeln für Abschiebungen und den Umgang mit Asylbewerbern werden erneut verschärft. Foto: Ralf Hirschberger

Die Regeln für Abschiebungen und den Umgang mit Asylbewerbern werden erneut verschärft. Foto: Ralf Hirschberger

Bruno Worst, Vorsitzender des Deutschen Kinderschutzbunds Trier, hat sich zum Artikel "Wir geben keine Ruhe" (TV vom 10. Juni) zu Wort gemeldet und sich im Namen des Vereins von Aussagen des Mitglieds Elke Boné-Leis distanziert. Boné-Leis hatte bei einer Pressekonferenz zur Abschiebung der Familie Memedov aus Saarburg gesagt: "Mich erinnert das an Gestapo-Methoden." Die Roma-Familie mit drei Kindern im Alter von sechs, elf und 13 Jahren war morgens gegen 4 Uhr unangekündigt aus dem Schlaf gerissen und zum Flieger Richtung Mazedonien gebracht worden.

In der Stellungnahme des Orts- und Kreisverbands des Kinderschutzbunds heißt es, Boné-Leis sei im Rahmen eines Aktionsbündnisses im Zusammenhang mit der Abschiebung der seit 2014 in Saarburg lebenden Familie als Privatperson und nicht im Namen des Kinderschutzbunds aufgetreten. Weiter stellt Worst fest: "Gemäß seinem Leitbild und einer daraus resultierenden Grundhaltung werden im Deutschen Kinderschutzbund grundsätzlich keine Nazi-Vergleiche verwendet oder hergestellt. Daher distanzieren wir uns von der von Frau Boné-Leis gemachten Aussage." Wenngleich der Kinderschutzbund die Wortwahl von Boné-Leis ablehne, teile er jedoch die grundsätzliche Kritik an der Abschiebung von Kindern und Jugendlichen im Allgemeinen und unter den gegebenen Bedingungen zur Nachtzeit. Dies werde durch Resolutionen des Kindeschutzbunds und durch Stellungnahmen des Dachverbands, des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbands, verdeutlicht. Mit dieser Kritik stünde der Verein nicht außerhalb einer bestehenden Rechtsordnung.

Die Kreisverwaltung Trier-Saarburg hatte den Kinderschutzbund laut ihrem Pressesprecher Thomas Müller nach dem TV-Bericht um Klarstellung gebeten. Zur Stellungnahme des Vereins sagt Müller nun: "Wir hätten uns eine deutlichere Distanzierung gewünscht. Zur Kritik an der Abschiebezeit möchten wir zu bedenken geben: Was ist die Alternative? Eine Abschiebung aus der Kita oder der Schule ist sicherlich auch nicht im Interesse der Kinder."

Elke Boné-Leis, die bisher als Beisitzende im Vorstand des Kinderschutzbunds aktiv war, erklärt auf TV-Anfrage: "Um zukünftig weitere Vermischungen von Kinderschutzbund Trier und Privatperson Elke Boné-Leis zu unterbinden, trete ich mit sofortiger Wirkung aus dem Vorstand des Kinderschutzbunds Trier zurück." Auch sie stellt klar, dass sie sich bei der Pressekonferenz als "Person Elke Boné-Leis" geäußert habe. Darauf habe sie auch hingewiesen, ergänzt Boné-Leis. Weiter teilt sie mit: "Es ist mir ein Bedürfnis, darauf hinzuweisen, dass sich meine Äußerung ,Mich erinnert das an Gestapo-Methoden' lediglich auf eine Handlung bezog und keinesfalls an Personen gerichtet war, die im Zuge einer frühmorgendlichen Abschiebung gehandelt haben." Diesen von ihr nicht beabsichtigten Vergleich weise sie mit großem Bedauern zurück. Ihre "Erinnerung" beziehe sich auf Geschehnisse der Vergangenheit und stehe in keinem Verhältnis zum jetzigen Geschehen. Sie habe sich aufgrund ihrer Betroffenheit derart geäußert und entschuldige sich bei allen Beteiligten, falls dies missverstanden worden sei. An der Kritik zur Praxis von Abschiebungen mit Kindern im Morgengrauen hält auch Boné-Leis fest. Die Triererin verweist auf Artikel 22 der UN-Kinderrechtskonvention. Darin heißt es: "Die Vertragsstaaten treffen geeignete Maßnahmen, um sicherzustellen, dass ein Kind, das die Rechtsstellung eines Flüchtlings begehrt..., angemessenen Schutz und humanitäre Hilfe bei der Wahrnehmung der Rechte erhält, die in diesem Übereinkommen … festgelegt sind…"Kommentar

Eine Ära geht zu Ende

Von Marion Maier

Nazi-Vergleiche sind schwierig. Denn was ist Schlimmeres vorstellbar als die Massenmorde dieses Regimes? Jeder Bezug zu heute wirkt bei genauem Überdenken daher schräg. Ob allerdings eine Diskussion über eine aus Betroffenheit heraus geäußerte "Erinnerung an Gestapo-Methoden" zu einem Rücktritt der Beisitzerin im Kinderschutzbund führen muss? Das erscheint übertrieben. Aber so hat Elke Boné-Leis auch nicht argumentiert. Sie will für die Zukunft verhindern, dass der Kinderschutzbund und sie als Privatperson vermischt werden. Beides ist bislang schwer voneinander trennbar. Denn Boné-Leis hat den Verein seit mehr als 30 Jahren mit ihrem Einsatz mitgeprägt und ist allseits als Frau vom Kinderschutzbund bekannt. Auch wenn sie sich weiter für Kinder engagieren will, geht damit eine Ära zu Ende. Äußerst schade. Aber auch ein klarer Schritt, der Respekt verdient - und vielleicht Freiräume schafft für das ursprüngliche Thema: den Einsatz für eine Familie mit drei kleinen Kindern, die nun unter schwierigen Bedingungen in Mazedonien lebt. m.maier@volksfreund.de

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