Ein Eifel-Ufo und ganz viel Sonne

Vier Tage zum 25-Jährigen Bestehen: 86 500 Rockfans haben am Nürburgring mit Rage Against the Machine, Muse, Rammstein oder Jan Delay gefeiert. Es wurde ein grandioses Fest - entgegen der Tradition sogar bei schönstem Sommerwetter.

Nürburgring. Das Ufo schwebt lautlos über der "Grünen Hölle". Dann öffnet sich nach unten eine Luke, ein silber-glitzerndes Wesen seilt sich nach unten ab, er dreht sich um die eigene Achse. Zehntausende Augenpaare fixieren es, bis das Ufo nach wenigen Minuten wieder so schnell verschwindet wie es angeflogen kam. Das war am Samstagabend vor der Centerstage bei Rock am Ring zu erleben. Als Überraschungseinlage am Ende einer in jeder Hinsicht außerirdischen Show der Brit-Rocker von Muse.

Es war nur ein Artist, der hoch über den Köpfen der Ringrocker turnt. Aber welche Eindrücke brächte ein Außerirdischer nach Hause, nach einem viertägigen Kurztrip auf die Erde, etwa von einem Rock-am-Ring-Wochenende? Und sah es vor 25 Jahren, bei der ersten Auflage von Rock am Ring ähnlich aus?

Heiß, wolkenlos, schwül



Sicher nicht. Abgesehen von den Temperaturen. Heiß, wolkenlos, schwül. Mit Rock am Ring mag man vieles verbinden - drei Tage Party, 90 Bands aller Spielarten, Leute kennenlernen. Ein Kurztrip aus dem Alltag, vielleicht auch aus der Realität oder von sonst durchaus sinnvollen gesellschaftlichen Konventionen wie Zähneputzen oder kein Dosenbier vor dem Frühstück. Aber eher nicht mit tropischer Hitze und Sonnenbrand in allen Ausprägungen. Am Sonntagnachmittag hatte der Himmel kurz ein Einsehen: Drei Tage lang hatte die Sonne gebrannt, drei Tage lang fühlte sich die Eifel eher an wie Mallorca ohne Meer. Dann ging ein heftiges Gewitter runter - wie immer, eigentlich. Und bei Rock am Ring geht es um Tradition. Auch wenn sich vieles geändert hat seit der ersten Auflage vor einem Vierteljahrhundert: Damals konzentrierte sich das Programm auf das, was man heute Mainstream nennt.

Auch damals existierten schon Bands wie Kiss, Slayer und Motörhead, die auch in diesem Jahr spielten. Metal in allen Spielarten ist heute ein Markenzeichen von Rock am Ring, auch wenn das längst nicht alles ist. Die Toleranz für andere Musikrichtungen ist bei den Ringrockern deutlich größer als noch vor einigen Jahren. So begeistert sich auch mancher Metal-Fan für die Funk- und Disco-Klänge von Jan Delay. Und dass es funktioniert, Hip-Hop-Star Jay-Z nach den Guns'n'Roses-Klassikern von Slash und vor Rage Against the Machine auftreten zu lassen.

25 Jahre sind eine Generation, sagt man. Bei Rock am Ring sind es drei, mindestens. Viele zieht es regelmäßig an den Ring. Aber dass einer alle 23 Veranstaltungen gesehen hat (1988/1989 gab es keine Festivals), das ist die absolute Ausnahme.

Peter Schomisch ist so jemand. Der 51-Jährige wohnt nur einen Katzensprung entfernt, in Langenfeld. Er war immer da. "Der alte Geist des Festivals ist geblieben", sagt er. Auch wenn es in den Anfangstagen deutlich anarchischer war. "Da nahmen manche ihren halben Hausrat mit und fackelten ihn anschließend ab. Viele hatten gar keine Karten. Inzwischen ist alles perfekt organisiert."

In den ersten 15 Jahren zeltete Schlomisch, immer gleich gegenüber vom Haupteingang. Wer den besten Platz haben will, muss früh anreisen. Am besten Dienstags. Das galt damals und gilt heute noch. "Die Nachhause-Fahrer waren schließlich die Warmduscher", erinnert er sich. Auch von der Jubiläums-Auflage ist er angetan. Etwa von Jan Delay, in diesem Jahr der große Konsens-Künstler, auf den sich die meisten einigen können. Klar, dass Schlomisch nächstes Jahr wiederkommen wird ("schon aus Tradition"). Dann wahrscheinlich auch wieder mit Zelt auf dem Campingplatz. Denn für Warmduscher war Rock am Ring eigentlich auch nie gedacht.

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