Liebe zur Geometrie, Lust am Spiel

Trier · Eine sehr reizvolle Ausstellung, die gleichermaßen Geist wie Gefühl fordert, zeigt derzeit die Trie-rer Gesellschaft für Bildende Kunst. Im Palais Walderdorff präsentiert der polnische Künstler Marek Radke seinen von Spielfreude und Gefühl befeuerten Konstruktivismus.

Liebe zur Geometrie, Lust am Spiel
Foto: (g_kultur

Trier. Wenn es dieser Tage in Trier Nacht wird, verwandelt sich die Galerie Palais Walderdorff in einen magischen Ort. Dort macht das Schwarzlicht aus der schlichten weißen Galeriewand im Erdgeschoss einen traumblauen Nachthimmel, in dem die Objekte von Marek Radke wie geheimnisvolle Himmelskörper leuchten und glühen.
Der 1952 geborene Pole, der lange in Gdansk lebte und - nach Zwischenstationen in Finnland und New York - seit 1984 in Deutschland wohnt und arbeitet, kann unter die Konstruktivisten gerechnet werden. Also zu jener Stilrichtung, die ihrem Schaffen die geometrische Form zugrunde legt und sich damit auseinandersetzt. Auch Radkes Arbeiten basieren auf Figuren wie Rechteck oder Kreis, die er auslotet und zu Quadern, Kugeln und anderen dreidimensionalen Körpern verräumlicht.
Der Umgang mit der geometri-schen Form hat seit alters her die Philosophen beschäftigt. In der Antike galt sie als die geistige, die philosophische Form schlechthin. Auch für die Philosophen der Moderne wie für die Künstler selbst hat die Geometrie des Konstruktivismus hohen Symbolgehalt. Ihnen gilt seine bunte Vielfalt aus Kreis, Rechteck oder Dreieck und ihre Gefüge als Sinnbild und Modell dafür, dass auch die Wirklichkeit der Welt nichts anderes ist, als eine aus vielfältigen Ideen entstandene Konstruktion. In Trier schafft Marek Radkes Ideenwelt und ihre fantasievollen "Assoziationen" (wie die Schau betitelt ist) ihre eigenen geometrischen Modelle. Mal in der Fläche eines Gemäldes, mal als raumgreifendes Objekt oder eben eindrucksvoll als Wandinstallation.
Allerdings hat der Künstler längst die kompromisslose geometrische Strenge der klassischen Konstruktivisten hinter sich gelassen. Die geistige Disziplin der Geometrie verbindet sich in seinem Werk mit Spielfreude und Poesie. Zur Vernunft des Geistes gesellt sich die des Gefühls. Verstand und Emotion kommen hier gleichermaßen, reizvoll bildstiftend, zu Wort.
Dabei lotet der Künstler nicht nur die Form, sondern auch die Farbe aus. Die malerische Geste, der Farbauftrag und seine Struktur bleiben stets sichtbar und erzeugen in der festen Form eine dynamische Innenwelt und Binnenstruktur. Gerade die Lust am Spiel, der Radke im Wortsinn Raum gibt, macht seine Bilderwelt lebendig, schillernd und zuweilen rätselhaft.
Es ist eine sehr schöne, unbedingt sehenswerte Ausstellung, die sich im Palais Walderdorff präsentiert. Mit dem größten Gewinn betrachtet man sie naturgemäß bei Dunkelheit, wenn die Arbeiten unten im Erdgeschoss im Schwarzlicht ihr Eigenleben entfalten (kann man auch von außen sehen). Aber auch sonst lohnt sich der Besuch auf jeden Fall. Schöpferische Spielfreude und die Freiheit der Fantasie, die sich wie hier in der strengen Form ausleben können, sind schließlich nicht nur künstlerisch, sondern auch gesellschaftlich ein zeitlos aktuelles Thema.
Bis 19. März, Öffnungszeiten: Dienstag, Donnerstag, Freitag 11 - 13 und 14 - 17 Uhr, Samstag 10 - 13 Uhr, Telefon 0651/46824491, <%LINK auto="true" href="http://www.gb-kunst.de" text="www.gb-kunst.de" class="more"%>

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