Wenn der Meister das Feuer entzündet...

Die Philharmonie Luxemburg war wieder einmal ein nahezu ausverkauftes Haus, als Nikolaus Harnoncourt mit seinem Concentus Musicus Wien dort gastierte. Nach einem Abend mit Werken von Joseph Haydn und Wolfgang Amadeus Mozart gab es stehende Ovationen.

 Traumhaft: Nikolaus Harnoncourt und die Solistin Patricia Petibon in der Philharmonie. Foto: Philharmonie Luxemburg

Traumhaft: Nikolaus Harnoncourt und die Solistin Patricia Petibon in der Philharmonie. Foto: Philharmonie Luxemburg

Luxemburg. Wenn Nikolaus Harnoncourt sich des klassischen Repertoires von Sinfoniekonzerten annimmt, kann man davon ausgehen, dass das zu erwartende Klangerlebnis von der gewöhnlichen Norm abweicht. Um so etwas vorauszusagen, muss man nicht unbedingt Hellseher sein, allerdings war es in Luxemburg schon erstaunlich, wie anders hier die Musik erklang. Auf dem Programm fanden sich Haydns Sinfonien Nr. 59 in A-Dur, auch bekannt unter dem Titel "Feuersinfonie" und Nr. 92 in G-Dur, die "Oxford-Sinfonie".

Pionier in historischer Interpretation



Beides kennt man hinreichend, sowohl die Kompositionen als auch Harnoncourt als einen der Altmeister, der Pioniere in Sachen historisch informierter Aufführungspraxis. Aber die Kombination von beidem kann man nur als einen Glücksgriff bezeichnen. Dieser saubere, schnörkellose und gerade deshalb so ungemein ausdrucksstarke Klang des historischen Instrumentariums verlieh den beiden Sinfonien eine unglaublich eloquente Tonsprache, die man sich von so manch anderer Aufführung wünschen würde. Die Marschrichtung war vom ersten Ton an ganz klar vorgegeben und lautete: zurück zu den Wurzeln, zurück zum entschlackten, witzigen, dem Publikum viel erzählenden Papa Haydn. Da konnte einem durchaus heiß werden, bei der "Feuersinfonie", bekam man Ehrfurcht vor der Gelehrsamkeit und der großen Kunstfertigkeit des Dr. h.c. Haydn, zu dem er in Oxford ernannt worden war.

Harnoncourt, der große Meister, der an seinem Namenstag 79 Jahre alt wurde, zeigte in seinem Dirigat eine Spannkraft und eine Energie, die ansteckend wirkte. Ansteckend auf die Musiker des Concentus und auch auf das Publikum. Die vielfach zu beobachtende Tendenz, stehend zu applaudieren, verwunderte kaum, denn Harnoncourt riss sein Publikum mit.

Begeisterung musste man auch für die Sopranistin Patricia Petibon empfinden, die das Programm mit Arien von Haydn und Wolfgang Amadeus Mozart bereicherte. Petibon besitzt eine traumhafte Stimme mit einem bewundernswerten Umfang, weicher Wärme in den Tiefen und Brillanz in atemberaubenden Höhen. So ganz mochte sich die Solistin nicht von ihrem Bühnengestus trennen, was etwa der Arie "Salamelica" aus Haydns "Der Apotheker" oder auch "Hat der Schöpfer dieses Leben" aus Mozarts Singspiel KV 35 einen heiteren Aspekt verlieh. Was aber teilweise massiv störte und mit dem Spiel des Concentus nicht übereinstimmte, war ein überzogenes, allzu gewolltes Vibrato in ihrer Stimme, das nichts Natürliches mehr aufwies. Solcherart geschwängerte Koloraturen verlieren schnell ihren Reiz und gewinnen sehr schnell den Eindruck der Unsauberkeit. Die Forderungen von Vater und Sohn Mozart, man solle das Vibrato bei einer langen Note zierlich anbringen, so wie es die Natur als Lehrmeister vormache, ließ sie außer Acht.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Vom erwischt werden
Vom erwischt werden
Vinyl der Woche: Love Is A Wonderful Thing – Michael BoltonVom erwischt werden
Zum Thema
Aus dem Ressort