Zwillinge mit gewaltigen Unterschieden

Luxemburg · Zweieiige musikalische Zwillinge haben die Solistes Européens in der Philharmonie mit Sinfonien von Richard Wagner und Ludwig van Beethoven präsentiert. Uraufgeführt wurde zudem "Moods" von Marco Pütz. Ein spannender Abend.

Luxemburg. Christoph König gibt der Musik die Sporen, und schon galoppieren die Geigen flankiert von den Bläsern durch Ludwig van Beethovens 7. Symphonie, als wären es die Heere der napoleonischen Befreiungskriege. Ein großartiges Finale gelang den Solistes Européens und ihrem Dirigenten damit in der Luxemburger Philharmonie. Die Musik wurde zum Atem der Freiheit, so wie das nur Beethoven schafft.
Der Dresdener Christoph König ist ein leidenschaftlicher Musiker voller Energie und Musikalität. Die Begeisterung ihres jugendlichen Chefdirigenten reißt offensichtlich auch das eher gesetzte Orchester mit. Bei so viel Engagement lassen sich ein paar weniger akkurate Einsätze oder die gelegentlich arg ausgeprägte Bodenhaftung der Streicher schon mal verschmerzen, genauso wie das zum Teil recht dick aufgetragene Blech.
Unter dem Titel "Jumelles?", auf Deutsch "Zwillinge?", hatten die Musiker zwei eng miteinander verbundene Kompositionen im Programm: Richard Wagners Jugendstück, seine Symphonie in C-Dur (die einzige Symphonie des Komponisten) und Beethovens 7. Symphonie.
Verbunden und doch getrennt


Eingeleitet wurde das Konzert mit der Uraufführung der Komposition "Moods" des Luxemburgers Marco Pütz. Das Stimmungsbild, dessen Gemütslagen von spätimpressionistischer Klarheit bis zu schrillen Angstschreien reichen, ist seinerseits mit den Kompositionen der klassischen Moderne verschwistert.
König deutete aufschlussreich das Fragezeichen im Konzerttitel aus und machte die Übereinstimmungen zwischen den Werken von Wagner und Beethoven deutlich, aber auch ihren Eigencharakter. Dabei nutzte er intelligent die kammersymphonischen Eigenschaften des Orchesters. Holzschnittartig arbeitete König in Wagners Symphonie die Härte, die unversöhnlichen Kontraste und die recht schlichte Komposition des Jugendwerks heraus. Sorgfältig entwickelte er in Beethovens Symphonie die Instrumentenstimmen, zog feine Melodienlinien und einte die Tutti zum strahlenden, bisweilen gewaltigen Klang.
Ein lohnender Abend, an dessen Ende der sichtlich bewegte langjährige erste Bratschist des Orchesters, Jean Dupouy, verabschiedet wurde und sich Musiker und 980 Zuhörer im Lied "Old Long Syne" (Nehmt Abschied, Brüder) zusammenfanden. er

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