Beim Kaffee beginnt der Kampf gegen Kinderarbeit

Morbach · Die Gemeinde Morbach hat sich selbst verpflichtet, möglichst keine Produkte aus ausbeuterischer Kinderarbeit anzuschaffen. Inzwischen gibt es einen Leitfaden für die Mitarbeiter. Die Umstellung braucht allerdings Zeit.

Der Einsatz für große Ziele fängt manchmal ganz klein an. Zum Beispiel mit einer Tasse Kaffee. Theo Gätz und seine Mitarbeiter im Morbacher Rathaus haben kürzlich die Sorte gewechselt. Auch Gästen bietet Gätz ab sofort ein Produkt aus fairem Handel an. Das ist ein erstes Zeichen dafür, dass die Gemeinde Morbach mit der Umsetzung von Entwicklungszielen der Vereinten Nationen ernst machen will, die rund 190 Mitgliedsstaaten in der sogenannten Millenniumserklärung (siehe Extra) unterschrieben haben. Wie 20 weitere Gemeinden, Städte und Kreise in Rheinland-Pfalz wollen sie darauf hinwirken, dass weltweit soziale Mindeststandards beim Arbeitsschutz eingehalten werden müssen. In dem Zusammenhang hat sich Morbach verpflichtet, möglichst Produkte zu beschaffen, die nicht mithilfe ausbeuterischer Kinderarbeit hergestellt wurden. Um den Vorsatz auch umzusetzen, sollen Mitarbeiter nach Möglichkeit fair gehandelte Waren erwerben. Die Gemeinde beabsichtigt, damit einen "Anreiz für Produzenten und Händler zu schaffen, sich stärker als bisher mit mangelnden Sozialstandards auseinanderzusetzen", heißt es im Beschluss vom Mai vergangenen Jahres. Aktuell gültige Lieferverträge berührt das zunächst nicht. Werden diese neu ausgeschrieben, sollen die neuen Bedingungen berücksichtigt werden. Gätz hat einen Leitfaden entwickelt und an die Mitarbeiter versandt. Gekauft werden sollen Produkte mit Siegeln wie beispielsweise "Fair Trade".

Beim Kauf von Hand- oder Fußbällen sollen die Schulen in der Trägerschaft der Einheitsgemeinde beispielsweise "kurzfristig ausschließlich Bälle aus fairem Handel beschaffen". Unabhängig davon will Gätz die Sportvereine anschreiben, um dafür zu werben, dass sie dem gemeindlichen Beispiel folgen. Bei Spielzeug in den Kindergärten sollen die UN-Auflagen künftig ebenso beachtet werden wie bei Dienstkleidung für den Bauhof und die Feuerwehr. Pflanzen sollen aus regionaler Produktion kommen. Bei öffentlichen Vergaben etwa für ein neues Pflaster für einen Dorfplatz werden die neuen Bedingungen in die Ausschreibungstexte aufgenommen. Die Planungsbüros, mit denen die Gemeinde zusammenarbeitet, sind bereits informiert.

Die neue Regelung gilt seit Januar. Außer beim Kaffee sind Gätz derzeit keine aktuellen Beschaffungen in der Gemeinde bekannt, bei denen die neuen Bestimmungen schon greifen. Bevor Mitarbeiter neue Einkäufe tätigen, werden Restbestände verbraucht.

Bleibt noch die Frage nach den Zusatzkosten für den Steuerzahler. Erfahrungen anderswo hätten gezeigt, dass die Umstellung "nicht zwangsläufig mit Mehrkosten verbunden sein müssten", sagt Gätz. Sollten sie dennoch entstehen, ist das laut Gätz "unser Beitrag für bessere Lebensbedingungen in der Dritten Welt".

EXTRA KOMMUNALRECHT



Gemeinden müssen nach den Prinzipien der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit agieren. Dazu verpflichtet sie die Gemeindeordnung. Was sagt die Kommunalaufsicht dazu, wenn Produkte oder Dienstleistungen durch ethische Auflagen teurer werden? Die Aufsichtsbehörde hat zu prüfen, ob der Haushalt mit dem Recht in Einklang steht, sagt Alfons Kuhnen, Pressesprecher der Kreisverwaltung, die für die Aufsicht von Kommunen wie Morbach zuständig ist. Sie macht ihnen keine Vorschläge hinsichtlich der Auswahl ihrer Produkte. Besonders genau schaut die Kommunalaufsicht bei verschuldeten Haushalten hin, wenn sie Kredite aufnehmen. Das ist auch in Morbach 2011 der Fall. Die Behörde empfiehlt oder verbietet laut Kuhnen auch dann nicht den Kauf spezieller Produkte. Wenn Zweifel an der Wirtschaftlichkeit eines Vorhabens bestehen, wird geprüft und gegebenfalls die Kreditgenehmigung versagt. iro

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Armutsbekämpfung, Umweltschutz, Menschenrechte und Friedenseinsätze waren Themen bei einem Treffen von 189 Staats- und Regierungschefs im September 2000. Als Ergebnis wurde die Millenniumserklärung verabschiedet. Diese richtet sich auch an die Gemeinden und Städte. Daher hat der Städte- und Gemeindebund eine Erklärung verabschiedet, die er den Kommunen zur Mitzeichnung empfiehlt. iro

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