Gegen den Zahn der Zeit

REIL. Neuer Anstrich, neue Fahrbahn: Eine Spezialfirma hat mit der Sanierung der Moselbrücke bei Reil begonnen. Rund ein Jahr sollen die Arbeiten dauern, rund 1,1 Millionen Euro werden sie kosten.

Sie bröckelt an allen Ecken: Über 50 Jahre alt ist die Reiler Moselbrücke, grundlegend saniert wurde sie noch nie. In den kommenden Tagen beginnt im Auftrag des Landesbetriebs Straßen und Verkehr die Firma Faber Umwelt Technik aus Alzey mit der Sanierung. Im Lauf dieses Jahres sollen die so genannten Vorland-Brücken, die Teile der Brücke, die nicht über dem Wasser sind, generalüberholt werden. Im kommenden Jahr ist die Hauptbrücke an der Reihe. Sechs bis acht Arbeiter werden in der Regel im Einsatz sein. Sie müssen Risse und andere Schadstellen im Beton ausbessern und ihn mit einer Schutz-Beschichtung anstreichen. Die Stahlträger an der Hauptbrücke werden per Sandstrahl gereinigt. Anschließend tragen auch hier die Arbeiter einen Schutzanstrich auf. Autofahrer können die Brücke während der gesamten Bauzeit überqueren, müssen aber zeitweise mit Behinderungen rechnen. Während die neue Fahrbahn aufgetragen wird, ist die Brücke nur einseitig befahrbar. Auch von unten wird die Brücke saniert: "Dazu bauen wir Hängegerüste auf", erklärt Bauleiter Werner Konrad. Er wird die Arbeiten ein Jahr lang überwachen. Rund 1,1 Millionen Euro soll die Sanierung kosten. Im Preis enthalten ist auch ein neues Geländer. Es wird grau gestrichen, die anderen Stahlteile der Brücke grün. Ein Relikt des Kalten Kriegs verschwindet allerdings: Die mittleren Brückenpfeiler haben Sprengschächte, die bei der Sanierung mit Beton gefüllt werden. So hätte die Brücke im Falle eines Kriegs und der Annäherung des Feinds gesprengt werden können. Bevor die Reiler Moselbrücke am 16. Dezember 1953 dem Verkehr übergeben wurde, waren einige Hürden zu überwinden. Bereits 1914 hatte es Überlegungen gegeben, bei Reil eine Brücke über die Mosel zu bauen - das haben Ortsbürgermeister Artur Greis und Heidi Nalbach, eine Verwandte das damaligen Reiler Bürgermeisters, herausgefunden. Der Erste Weltkrieg machte das Vorhaben zunichte, über die Idee diskutierten die Bürger aber immer wieder. 1948 gab es erstmals wieder konkrete Pläne, eine Brücke zu bauen. 1949 beschäftigte sich eine Bürgerversammlung mit dem Thema, 1950 schließlich erhielten das MAN-Werk Gustavsburg und die Beton- und Monierbau Düsseldorf den Auftrag zum Bau der Brücke.Heiße Diskussion über Brückenbau

Anlass für den Bau sei der schlechte Zustand der alten Moselfähre gewesen, berichtet Greis. Die Gemeinde habe vor der Wahl gestanden, die Fähre für rund 80 000 Mark zu sanieren oder den Betrieb einzustellen. Dem Bau vorangegangen war nach Informationen von Greis eine Auseinandersetzung in der Bevölkerung über den Nutzen der Brücke. Von "Luxusbrücke" hatten die Kritiker gesprochen und befürchtet, die Gemeinde könne sie nur durch eine üppige Sondersteuer finanzieren. Vollständig Unrecht behielten sie nicht: Aufgrund der Korea-Krise wurde Stahl zur knappen Wahre, von Februar 1952 bis Juni 1953 stand die Baustelle wegen Materialmangels still. Nur ein Jahr später als geplant wurde die Brücke eröffnet; die hohen Stahlpreise trieben die Baukosten von geplanten 600 000 Mark auf rund 940 000 Mark in die Höhe. Nur 80 000 Mark aber hätten die Reiler Bürger über eine einmalige Umlage zahlen müssen, berichtet Greis. Nicht am Bau beteiligt hatten sich einige der umliegenden Gemeinden. Um ihre Bewohner an den Kosten zu beteiligen, stellten die Reiler auf der Brücke einen Schlagbaum und ein Kassenhäuschen auf. Zwei Tage soll es gestanden haben - dann musste es auf Anweisung "von oben" wieder abgebaut werden. Details zur Geschichte der Reiler Brücke zeigt eine Ausstellung beim Hoffest des Weinguts Erich Nalbach in der Kringstraße in Reil am 11. und 12. September.

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