Gnadenlos pointiert und rotzfrech

Hetzerath · "Ein Traum von einem Schiff" heißt das erste Buch des Schauspielers Christoph Maria Herbst. Am Samstag hat er im Rahmen der Eifel-Kulturtage aus seinen humorvollen, sarkastischen Betrachtungen über die Dreharbeiten auf der "schwimmenden Schwarzwaldklinik" gelesen.

 Hustet, lallt, hickst und krächzt: Christoph Maria Herbst liest nicht einfach vor, sondern lebt die Charaktere. TV-Foto: Sybille Schönhofen

Hustet, lallt, hickst und krächzt: Christoph Maria Herbst liest nicht einfach vor, sondern lebt die Charaktere. TV-Foto: Sybille Schönhofen

"Es geht ums Traumschiff", rief ihn seine Schauspielagentin an. "Sag ab", antwortete Christoph Maria Herbst. Doch er nahm die Rolle an. Wie es war, erzählt er in seinem Buch "Ein Traum von einem Schiff".
Eigentlich wollte Christoph Maria Herbst in der Hetzerather Bürgerhalle schon vor einem Jahr daraus vorlesen. Seitdem war die Veranstaltung ausverkauft.Titelfigur der Sitcom Stromberg

Als Titelfigur in der gleichnamigen Sitcom Stromberg ist Herbst Kult. Nur wenige der 350 Kartenbesitzer hatten nicht mitbekommen, dass die Uhrzeit auf dem Ticket nicht mehr korrekt war. Und so trudelten sie am Samstagabend erst ein, als sich der Autor bereits in Fahrt gelesen hatte.

Für Herbst waren sie Vorlagen, um zu zeigen, dass er auch ohne Drehbuch witzig sein kann. Rotzfrech ist er sowieso. Seine Kollegen vom Traumschiff beschreibt er als untalentierte "Phrasendreschmaschinen", die Klischees erbrechen. "Hirn aus, Mund auf, Text raus."

Nach seinen detaillierten Ausführungen über deren körperliche Unzulänglichkeiten und Marotten dürfte er vermutlich höchstens noch als blinder Passagier Zutritt auf der MS Deutschland erlangen.
In die komische Schilderung seiner Winterreise entlang der amerikanischen Westküste und durch die Südsee führt Herbst mit den Worten Thomas Manns ein. "Auch ein Guter", lächelt er.

Unverdrossen unbescheiden kriegt er die ersten Lacher, noch bevor er sein Buch überhaupt aufgeschlagen hat. Je tiefer Herbst das Traumschiff durch den Kakao zieht, desto mehr amüsiert sich das Publikum. Tränen fließen an diesem Abend nicht aus Mitleid, wie man beinahe denken könnte, so amüsant radikal führt Herbst die Menschen vor.
Er führt im wahrsten Sinne vor: ob Alterserscheinungen, Sprachfehler oder andere Skurrilitäten, Herbst verwandelt sie von Buchstaben auf dem Papier zum Leben. Darin liegt die großartige Fertigkeit des Kölners. Mit Herbst als fantastischem Sprecher ist das Buch doppelt so lustig.

Er hustet, hickst, krächzt, lallt, lispelt, spuckt, schmatzt, schlurpst, stöhnt, berlinert, österreichert, kölscht, näselt, plappert, prustet, brüllt - die Palette, aus der er den Figuren stimmlich Farbe verleiht, ist unerschöpflich und bunt.
Literarisch hat Herbst Thomas Mann noch nicht eingeholt, aber in puncto Unterhaltung ist er ein echter Meister. Die begeisterten Zuhörer wollen noch viel mehr hören, als er nach zwei Stunden das Buch zuschlägt.
Stattdessen gibt's für die Fangemeinde noch Autogramme und Fotos fürs Familienalbum. Wer noch mehr Bilder von ihm will, kann Christoph Maria Herbst ab Februar im Kinofilm "Stromberg" sehen.

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