Kunst aus Entdeckerlust

Plein · Der "Universalmensch" ist aufgeschlossen, lernwillig, in vielen Richtungen tätig und kritisch. Dieses Ideal aus der Renaissance, ist für den Bildhauer Matthias Lutz die Quelle qualitativ hochwertiger Kunst. Für ihn gehört es dazu, vor der Interpretation eines Themas die Dinge ganz genau unter die Lupe zu nehmen.

Plein. Roter, feiner Staub bedeckt alle Flächen in Matthias Lutz\' Werkstatt in Plein. Unter seinen Händen haben Sandsteine in ihrem Wandel vom rohen Stein zur Skulptur diese Spuren hinterlassen. Seit Matthias Lutz 1995 mit seiner Frau, der Bildhauerin Barbara Baumann, von Köln in die Eifel gezogen ist, arbeitet er in dem Anbau ihres historischen Bauernhauses als Bildhauer und Steinmetz. Zwischen seinen abstrakten Skulpturen fallen Buddhafiguren ins Auge. Lutz hat sie aus Indien, dem "Land der Steine", wie er sagt, mitgebracht, wo er regelmäßig mehrere Wochen im Jahr verbringt. Der Drang, in andere Kulturen einzutauchen, entspricht seinem Forschergeist.
Der Mensch sollte ein ewig suchender Entdecker sein, findet er. Neugierde ist es auch, die ihn zur Kunst anstiftet. Seine Frau nennt ihn einen "Renaissancemenschen". Denn er unterzieht die Dinge einer genauen Betrachtung, strebt danach, ihr Wesen aufzuspüren und hinter das offensichtlich Wahrnehmbare zu dringen. Der eigenen Anschauung schreibt Lutz gerade in einer Zeit, in der Medien vorgefertigte Bilder anbieten, eine besondere Bedeutung zu. Was Lutz entdeckt, macht er in seinen Kunstwerken sichtbar.
Eins seiner beherrschenden Themen ist die Welle. Er betrachtet Wasser, um seine Oberfläche zu erkunden, er vertieft sich in seine Erscheinungsformen wie Schnee und Eis, begibt sich ans Meer, um dessen Mächtigkeit und Weite zu erspüren und versucht, die Bewegungsmuster der Wellen zu verstehen. Um das Phänomen zu erkunden, gehört es für Lutz auch dazu, in an die Kunst angrenzende Bereiche vorzudringen. Wie stellen Mode, Design, Physik die Welle dar?
Auf die Erforschung folgt die künstlerische Interpretation. Was dabei herauskommt, ist beispielsweise die Figurengruppe, die beim Campingplatz am Schalkenmehrener Maar zu sehen ist.
In vielen anderen Werken hat sich Lutz mit dem Kreuz beschäftigt. Er sieht mehr darin als die Durchdringung zweier Geraden. In seinen Werken begreift er das Zeichen als Überschneidung von Systemen oder als Begegnung von verschiedenen Richtungen.
Freude an der Kunst


Die Qualität von Kunst spiegelt sich darin, wie intensiv sich ein Künstler mit einem Thema auseinandergesetzt hat, davon ist Lutz überzeugt. Zur Erforschung einer Sache gehört für ihn auch, sie in verschiedenen Materialien umzusetzen. Dabei ist für ihn das übergeordnete Ziel immer, Freude an der Kunst zu haben. Das geschieht über den Flow, in den er gerät, wenn er im kreativen Prozess ganz bei der Sache ist.
Nachdem seine Skulpturen anfangs figürlich waren, sind sie mit der Zeit abstrakter geworden. Ein Wechselspiel von reduzierten konvexen und konkaven Formen ist typisch für seine Arbeiten. Die Inspiration nimmt Lutz aus der Natur. Was er in ihr abliest, skizziert er in vielen Zeichnungen, in denen er auf Abstand zur realistischen Abbildung geht. Dieser kreative Prozess des Interpretierens hat für ihn etwas mit Freiheit und Glücksempfinden zu tun.
Viel feines, rotes Steinpulver wird dabei in nächster Zukunft eher nicht hinzukommen. Denn Matthias Lutz plant in eine Richtung zu gehen, in der es weniger staubt: Kleinskulpturen, Zeichnungen und Radierungen.
Extra

Matthias Lutz wurde 1954 in Würzburg geboren. Nach dem Fachabitur begann er ein Forstwirtschaftsstudium in Weihenstephan, das er abbrach, um sich als Autodidakt ganz der Kunst zu widmen. 1979 bis 1981 ging er in Tauberbischofsheim in die Steinmetzlehre. Seitdem arbeitete er als selbstständiger Steinmetz und Bildhauer zuerst im Odenwald, dann in Köln und zeigte seine Werke bei zahlreichen Ausstellungen im In- und Ausland. Seit 1995 lebt und arbeitet Matthias Lutz in Plein. Kontakt: Matthias Lutz, Eifelstraße 25, 54518 Plein, Telefon: 06571/29730 sys

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