Zweifel an den Ermittlungsergebnissen

Winterspelt · Hubert Tautges, Ortsbürgermeister von Winterspelt, hat einen offenen Brief verfasst. Damit reagiert er auf die Mitteilung der Staatsanwaltschaft Trier, die Ermittlungen im Fall des vor knapp einem Jahr gestorbenen jungen Mannes aus seinem Dorf seien abgeschlossen.

Winterspelt. Keine Fremdeinwirkung, keine Straftat, keine K.o.-Tropfen - sondern, so teilte die Staatsanwaltschaft Trier am Mittwoch mit, wahrscheinlich ein zu hoher Alkoholgehalt im Blut: Das ist das Ermittlungsergebnis im Fall des vorigen Februar nach einem Karnevalsumzug gestorbenen 18-Jährigen aus Winterspelt (TV von gestern).
Das traurige Geschehen aber treibt Ortsbürgermeister Hubert Tautges weiter um: Er will weiterhin nicht hinnehmen, dass außer Alkohol keine weiteren Substanzen den Tod des jungen Karnevalisten verursacht haben sollen - und nichts auf die jungen Leute in seinem Dorf kommen lassen. Er ist damit nicht allein. Auch im Internet haben sich, per Facebook, kurz nach Bekanntgabe des Ermittlungsergebnisses eine Reihe von Bürgern ähnlich geäußert.
"Würde man durch 1,7 Promille Alkohol zu Tode kommen, die Menschheit wäre halbiert", schreibt Tautges. "Solange noch ein Rest an Zweifel besteht, kann und darf man sich nicht auf die Alkohol-Variante festlegen."
Tautges, der bereits im vorigen Jahr, wie viele andere Bürger, den Verdacht auf K.o.-Tropfen (siehe Extra) geäußert hatte, bleibt auch nach dem Abschluss der Ermittlungen bei seiner Vermutung: Die Tropfen "lassen sich unauffällig in Getränke einbringen, bauen sich recht schnell ab und sind nach relativ kurzer Zeit nicht mehr im Körper nachzuweisen".
Der Gemeindechef unterstreicht auch noch einmal seine Vorwürfe gegenüber den Ermittlungsbehörden, die diesem Verdacht seiner Meinung nach nicht ernsthaft nachgegangen seien: Zeugenvernehmungen bei der Kripo Wittlich seien zudem "erst viele Wochen später" erfolgt, "nachdem der Druck in der Öffentlichkeit zugenommen hatte und nicht, wie es hätte geschehen müssen, sofort nach Bekanntwerden des tragischen Todesfalls. Dann hätten sich Zeugen noch genau an viele Abläufe erinnern können und zur Aufklärung eines möglichen Verbrechens beitragen und sachdienliche Hinweise liefern können."
Auch er selbst sei nach Wittlich bestellt worden. Der zuständige Beamte habe dabei "ständig und vehement eine Vergiftung ausgeschlossen und sich einzig auf übermäßigen Alkoholkonsum als Todesursache festgelegt". Auf TV-Nachfrage bleibt Tautges bei diesem Vorwurf - seine Frau könne das bestätigen, sie sei bei der Befragung dabei gewesen.
Auch in einem weiteren Todesfall vor einigen Jahren in der Eifel, sagt Tautges, habe man "der Familie übermäßigen Alkoholkonsum als Todesursache mitgeteilt".
Auch dort hätten die Angehörigen "starke und berechtigte Zweifel an den Ermittlungen der Justizbehörden".
"Ich würde mir wünschen, dass Polizei und Staatsanwaltschaft sensibler mit Hinterbliebenen umgehen, deren Kummer durch den Verlust eines geliebten Angehörigen ohnehin unerträglich ist", sagt der Ortsbürgermeister abschließend. "Dazu gehört auch, dass Ermittlungen gewissenhaft und professionell durchgeführt werden."
Peter Fritzen, Leitender Trierer Oberstaatsanwalt, hat den Brief des Ortsbürgermeisters "zur Kenntnis genommen. Die Behauptung, es sei nicht gewissenhaft ermittelt worden, ist anmaßend und haltlos." Er sehe keinen Anlass, sich dazu öffentlich zu äußern. fpl

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