Papst wirbt in Asien für Frieden und Aussöhnung

Seoul · Mit einem Aufruf zum Frieden und zur Überwindung bestehender Barrieren hat Papst Franziskus seinen fünftägigen Besuch in Korea begonnen. Die koreanische Halbinsel brauche Versöhnung und Stabilität, sagte er am Donnerstag bei der Ankunft in dem geteilten Land.

Seoul. Der Friede in Korea sei für ihn und die Kirche ein Herzensanliegen, denn er habe Auswirkungen für die Stabilität in der gesamten Region und sogar für die "ganze kriegsmüde Welt", sagte der Papst. Wie aktuell diese Worte sind, zeigte der Abschuss von fünf Mittelstreckenraketen, die das Regime in Pjöngjang gestern über dem japanischen Meer testete.
Der Empfang durch Präsidentin Park Geun-hye in ihrem Amtssitz, dem Blauen Haus, mit militärischen Ehren war freundlich und farbenfroh. Moderne Waffengattungen traten gemeinsam mit Soldaten in traditionellen Trachten mit Hellebarden, Säbeln und Pfeil und Bogen an. Musikalisch wechselten zünftige Marschmusik mit traditionellen koreanischen Klängen.
Es ist der erste Besuch eines Papstes in Asien seit 13 Jahren, in Fernost sogar der erste seit 25 Jahren. Anders als bei früheren Reisen konnte Franziskus diesmal nicht nur Russland überfliegen, sondern erstmals auch die Volksrepublik China, was dem Papst die Möglichkeit bot, mit einem Telegramm Staatschef Xi Jinping und alle Bürger zu grüßen, Gottes Segen über sie herabzurufen - und damit wieder einen Gesprächsfaden aufzunehmen.
Schon in seiner Begrüßungsrede sprach Franziskus alle Themen an, die in den kommenden fünf Tagen in fünf südkoreanischen Städten eine Rolle spielen sollen: den VI. Asiatischen Jugendtag, den eigentlichen Anlass seiner dritten Auslandsreise, die Seligsprechung von 124 koreanischen Märtyrern, deren rückblickende Verehrung jedoch nicht den Blick auf die Gegenwart und die Zukunft verstellen dürfe. Und er verwies auf die dynamische Entwicklung der Kirche, die in Südkorea einen ungewöhnlich rasanten Aufschwung erlebt, aber auch auf die sozialen Schattenseiten der boomenden Wirtschaft des Landes.
Im Mittelpunkt stand freilich das Werben für Frieden und Aussöhnung in Korea - wenn auch in sehr behutsamer und diplomatischer Form. Franziskus äußerte seine Anerkennung für die unternommenen Versöhnungsbemühungen, verzichtete vor den versammelten Politikern und Di plomaten auf Vorhaltungen oder Kritik, nannte in erster Linie allgemeine Kriterien für Frieden und Einheit. Die Rede hätte er so auch in Pjöngjang halten können, meinte ein Beobachter. Auffallend war dabei, dass Franziskus nur von "Korea" sprach, von der "koreanischen Halbinsel" oder dem "koreanischen Volk", aber nie von Nord- und Südkorea, nicht von Pjöngjang oder Seoul. Der Papst hoffe, einen neuen Anstoß für die Annäherung in dieser Krisenregion zu geben, sagte kurz vor der Reise Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin.
Die traurige Bilanz der Teilung des Landes präsentierte der Vorsitzende der Koreanischen Bischofskonferenz, Peter Kang U-il, dem Papst bei dessen anschließenden Treffen mit den Bischöfen - hinter verschlossenen Türen. Seit dem Koreakrieg von 1950 bis 1953 mit seinen eineinhalb Millionen Toten und 3,6 Millionen Verletzten seien die Kämpfe nur ausgesetzt, sie könnten zwischen den beiden Korea in jedem Moment wieder neu entflammen. Die Demarkationslinie am 38. Breitengrad werde mit immer ausgereifteren Waffen verstärkt. Und die Menschen in beiden Teilen hätten sich politisch, ideologisch und wirtschaftlich so weit auseinandergelebt, dass er sich ein herzliches Wiederzusammenfinden kaum mehr vorstellen könne.
Und auch die rasante Indus trialisierung, Demokratisierung und Evangelisierung habe ihre Schattenseiten und "unheilbaren Wunden" hinterlassen, betonte der koreanische Kirchenmann. Viele Menschen litten unter Angst um ihre Arbeit und ihre soziale Sicherheit, die bis zum Selbstmord führe. Die Kirche müsse sich bei allem raschen Wachstum fragen, ob die Evangelisierung auch authentisch geworden sei. KNA

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort