Der Kopfvirtuose

TRIER. Malen ist sein Hobby, aber das ist nicht seine einzige Leidenschaft: Der Chilene Luis Alcavil, vor drei Jahren nach Trier gezogen, präsentiert erstmals eine Auswahl seiner Bilder.

Im Wohnzimmer steht ein großer Tischkicker, die Eintrittskarten für das Spiel England gegen Schweden liegen auch schon bereit. "Fußball ist mein Hobby", sagt Luis Alcavil. Fast ist man versucht, nach Fanschal und -tröte Ausschau zu halten - nur, ein Couchhocker das ist der junge Mann, geboren in Chile, definitiv nicht. Bis zum 18. Lebensjahr hat der heute 31-Jährige aktiv Fußball gespielt in der Jugendabteilung von "Colo Colo", dem Spitzenverein seiner Heimat. Gesundheitliche Probleme zwangen ihn damals zum Aufhören. "Eine Karriere als Profifußballer war danach nicht mehr möglich", bedauert Alcavil, der immer noch, wo immer es möglich ist, dem Ball hinterherläuft- und im Tor versenkt: In Trier ist der Ballvirtuose Mitglied der Kreisligamannschaft des SV Trier-Irsch, nebenbei kickt er - Spitzname "Luizao" - beim Spaßteam von "Samba Río" mit. Zweimal wöchentlich geht es zum Training. Manchmal wünscht er sich mehr "Pasión", Leidenschaft, von den Deutschen, etwa beim Besuch eines Fußballspiels, auf dem Feld spiele man hier mehr mit Kraft, nicht mit Technik. Aber er schätzt die hiesigen Werte, Pünktlichkeit etwa oder das Bewusstsein für Normen und Verantwortung. "In Chile würde man es nicht wagen, an einem Zebrastreifen über die Straße zu gehen, wenn ein Auto herannaht." Aber er ist nicht des Fußballs wegen nach Deutschland gekommen, Auslöser war die Liebe zur Lebensgefährtin. Spanisch spricht der gemeinsame Sohn noch nicht, "aber er versteht es", sagt der stolze Papa. Anfangs sei ihm die Eingliederung in Deutschland schwer gefallen, gesteht Alcavil, mittlerweile fühlt er sich hier wohl, hat Arbeit, Zeit und Impulse für die Fortführung einer zweiten Herzenssache gefunden, der Malerei. "Mein Leben ist immer mit der Kunst verbunden gewesen", schon in Chile habe er erste Ausstellungen seiner Bilder gehabt und vier Jahre dort in einer Kunstgalerie gearbeitet. Sein Stil: Figuren unterschiedlicher Art, mit einem immer nach vorn gerichteten Blick. Erstmals stellt Alcavil seine Bilder auch in Trier aus. "Das, was wir fähig sind zu tun und zu sein", ist die Auswahl von 16 Gemälden benannt. Sie zeigen breite Gesichter, die Augen kugelrund, die Zähne zwischen Grinsen und Bissigkeit entblößt. "Alienigenas" nennt er die Portraits, was zu Deutsch mit "ausländisch" oder "merkwürdig" übersetzt werden kann. Man sieht Gitarristen, Partygäste oder einen "Jorobado", einen Buckligen. Auf einem Bild schaut eine Frau zu einer Frankensteinkopie herüber, "die Liebe ist seltsam" heißt das Bild. Seine Herkunft hat der Chilene ebenfalls verarbeitet, auf einem Bild ist neben Hitler der Ex-Diktator Chiles, Augusto Pinochet, dargestellt. Seine Kunst will er weiterführen, für Oktober oder November dieses Jahres plant der Chilene die zweite Ausstellung mit neuen Bildern. Ein weiteres Ziel wird der Pinsel- und Ballartist dabei nicht aus den Augen verlieren. "Mein Traumberuf? Fußballtrainer", sagt Alcavil. Die Bilder von Luis Alcavil sind in der Gaststätte "De Winkel", Johannisstraße 25, ausgestellt. Kontakt: lyr@chile.com.

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