Keiner muss draußen übernachten

Rund 30 bis 40 obdachlose Frauen und Männer leben in der Stadt Trier. Vielen ist es zu kalt geworden - bei Minustemperaturen von bis zu minus 15 Grad. Sie haben im Benedikt-Labre-Haus oder anderen Einrichtungen Unterschlupf gefunden. Allerdings - fünf Obdachlose nächtigen noch im Freien.

Trier. Das Thermometer zeigt nachts bis zu minus 15 Grad. In der Teestube im Benedikt-Labre-Haus der Caritas in der Luxemburger Straße sitzen acht Männer, trinken Tee und spielen Karten. Dabei ist die Mittagspause gerade erst beendet. Der Übernachtungsbereich im Haus ist voll besetzt. Wo normalerweise Platz für 23 Hilfsbedürftige ist, seien nun 30 bis 35 Schlafplätze belegt, sagt Einrichtungsleiter Werner Schultze. Keiner müsse draußen übernachten. Selbst im Flur und in der Teestube liegen sie dicht an dicht auf den Notbetten. Das Café Haltepunkt hingegen meldet keine Überbuchung; nur eines von zwei Notbetten ist belegt. "Die Wohnungslosigkeit bei Frauen zeigt sich anders", erklärt Leiterin Iris Kaeding. Sie seien weniger auf der Straße anzutreffen und hätten mehr Unterschlupfmöglichkeiten.

Streetworker Raimund Ackermann von der Obdachlosenhilfe "Streetwork" Trier hat "Stress hoch drei", seit die Temperaturen unter minus zehn Grad gefallen sind. "Bei der Stadt Trier läuten alle Alarmglocken", sagt er.

"Sorgenkinder" in der Hütte im Wald



Denn rund fünf Menschen seien auch nachts noch draußen - "unsere Sorgenkinder", wie Ackermann betont. "Das sind Einzelgänger, die sich nicht überreden lassen." Drei von ihnen lebten in ihren Hütten im Wald.

Christian Philippi ist einer von denen, die das Übernachtungsangebot im Benedikt-Labre-Haus angenommen haben. "Das ist eine Notlösung", sagt er, "dafür müssen wir dankbar sein." Falscher Stolz, aber auch Klaustrophobie seien Gründe, warum Menschen, die auf der Straße leben, das Angebot nicht annehmen. "Die halten die Enge nicht aus, lieber erfrieren sie draußen." Wichtig sei: Die Hilfe müsse angenommen werden, bestätigt Hans-Werner Meyer, Leiter des Fachbereiches Wohnungswesen beim städtischen Amt für Soziales und Wohnen. "Wer Hilfe will, bekommt sie. Wir haben ein gutes Netzwerk in der Stadt, das Hilfestellung bietet."

Etwas Warmes in den Bauch gibt es täglich - zurzeit bei verlängerten Öffnungszeiten - in der Sozialküche bei Bruder Elias im Brüderkrankenhaus und im Mutterhaus. Hier halten sich derzeit viele schon vor der Essensausgabe auf, sagt Schwester Claudia vom Mutterhaus. Warme Decken, Kleidung und Schlafsäcke werden in fast allen Einrichtungen verteilt. Tagsüber seien die Betroffenen überall da zu finden, wo man sich aufwärmen kann, ohne weggeschickt zu werden, berichtet Ackermann. Das seien neben der Teestube und dem Café auch die Kaufhäuser.

Eine Sorge hat der Streetworker weniger: den Kandidaten, der auf einem Grab auf dem Hauptfriedhof nächtigt. Einige Überredungskunst habe es ihn gekostet, den Mann dort wegzubekommen in eine Wohnung, die die Stadt kurzfristig zur Verfügung gestellt hat. "Am Mittwoch um 17 Uhr habe ich ihm den Schlüssel übergeben", erzählt Ackermann. Der Mann sei froh gewesen, bei diesen Temperaturen in eine Wohnung zu können. Tag und Nacht ist Ackermann für seine Klienten ansprechbar. "Jeder von denen hat meine Telefonnummern, jeder weiß, wo ich wohne und welches Auto ich fahre. Wenn sie mich erreichen wollen, erreichen sie mich."

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