Wer wird Kasters Kronprinz?

Trier/Trier-Saarburg · Eine Frau? Ein junger Wilder? Ein erfahrener Grande? Wen die CDU für die Bundestagswahl 2017 ins Rennen schickt, scheint nach der überraschenden Ankündigung von MdB Bernhard Kaster, nicht mehr kandidieren zu wollen, völlig offen - zumindest auf den ersten Blick.

Trier/Trier-Saarburg. Selbst für die oberen Parteikreise kam die Nachricht überraschend: Bernhard Kaster (58), Bundestagsabgeordneter für die CDU in Trier und den Landkreis Trier-Saarburg seit 2002, will 2017 nicht erneut für ein Mandat in Berlin antreten (der TV berichtete am 6. November). Und weil diesen Rückzug wohl kaum jemand auf der Rechnung hatte, gab es zumindest bislang in der Partei auch nur rudimentäre Gespräche darüber, wer denn einst Kasters Nachfolge in Berlin antreten könnte.
Es bleibt allerdings auch noch Zeit: Voraussichtlich im Herbst 2017 wird der 19. Deutsche Bundestag gewählt. Was die CDU derzeit mehr beschäftigt, ist die Mainzer Landtagswahl im März 2016. Solange diese Schlacht nicht geschlagen ist, wird sich die CDU wohl nicht für einen neuen Bundestagskandidaten entscheiden. Denn der Ausgang der Landtagswahl - und die anschließende Postenbesetzung in Mainz - könnte eine entscheidende Rolle bei der Spitzenkandidatur für Berlin spielen.Landtagswahl hat Priorität


Zumindest aus der CDU der Stadt Trier springt kein Kaster-Nachfolger besonders ins Auge. "Die Situation ist bescheiden. Zurzeit gibt es wenig bis gar keine Mitglieder, die wirklich Verantwortung übernehmen", bedauert ein Insider. Triers CDU-Chef Udo Köhler (52) sieht das anders: "Wir haben wirklich eine Menge guter Leute, die zurzeit zwar noch in der zweiten oder dritten Reihe stehen, die aber engagiert sind und es bis zur Kandidatur absolut in die erste Reihe schaffen können", sagt Köhler, selbst Kandidat für die Landtagswahl im März - auf die er sich nun auch konzentrieren will: "Für mich zählt jetzt Mainz, das ist mein Ziel und das, was ich machen will!"
Jutta Albrecht hatte ebenfalls ihren Hut für die Landtagswahl in den Ring geworfen, bei der Kandidatenfindung allerdings gegen Köhler den Kürzeren gezogen. "Ein Mandat in Mainz hätte mich interessiert, vor allem wegen der Bildungspolitik. Eine Kandidatur für Berlin habe ich nicht ins Auge gefasst", sagt die 54-Jährige. Bei der Kandidatenfindung will die Vorsitzende der Frauen-Union sich allerdings definitiv "dezidiert einbringen".
Dass bei der Kandidatenkür ein Stadt-Land-Proporz eine Rolle spielt - nach dem Pfalzeler Kaster wäre demnach als Nächstes ein Kreis-CDUler an der Reihe - weist Köhler von sich. "Es geht nicht um den Wohnort, sondern nur um die Person!"
Wen er konkret damit meint, dazu will der Trierer CDU-Chef sich nicht äußern. "Wir haben in den Gremien noch nicht über das Thema gesprochen, und es ist ja auch noch sehr viel Zeit." Ähnlich argumentiert CDU-Bezirksvorsitzender Bernhard Henter (57, Konz): "Wir wollen in Mainz gewinnen, die Landtagswahl hat Priorität."
CDU-Kreischef und Landtagsabgeordneter Arnold Schmitt (61, Riol) pocht nicht darauf, dass der Kaster-Nachfolger aus dem Landkreis kommen muss: "Es soll der nominiert werden, der die besten Siegchancen hat, der Wohnort spielt keine Rolle." Geht es nach Schmitt, soll "ein Jüngerer oder eine Jüngere" auserkoren werden, die längerfristig die Region vertreten kann. In Berlin dauere es erfahrungsgemäß eine Legislaturperiode, bis sich ein Abgeordneter zurechtfinde.
Diese Aussage des Kreisvorsitzenden ist insofern interessant, als sie einige ältere Bürgermeister aus dem Kreis ausgrenzt, denen durchaus Ambitionen für höhere Ämter nachgesagt werden, oder denen man zutraut, das Zeug dafür mitzubringen. Zu ihnen gehört der Konzer Verwaltungschef Karl-Heinz Frieden (58). Er dürfte jedoch eher auf den Landratsposten spekulieren als aufs Berliner Mandat. Der Chefsessel im Kreishaus könnte bereits im Frühjahr frei werden, denn Amtsinhaber Günther Schartz (53) winkt als CDU-Landesvize bei einem Regierungswechsel in Mainz ein Ministerposten im Kabinett von Julia Klöckner. Kommt die CDU im Land nicht ans Ruder, ergäbe sich für Schartz die Option, Bundestagsabgeordneter zu werden - sein Vater war dies viele Jahre. Er beteilige sich nicht an Spekulationen, sagt Schartz dazu.
Auch Christiane Horsch (54), Bürgermeisterin der VG Schweich, wäre eine Option für Berlin. Die gebürtige Triererin und frühere Wirtschaftsdezernentin wäre stadt-land-kompatibel, sie ist zudem eine erfahrene und erfolgreiche Wahlkämpferin. Fest steht, dass die Christdemokraten ein starkes Zugpferd brauchen, um das Direktmandat gegen die künftige SPD-Generalsekretärin Katarina Barley (46, Schweich) zu gewinnen. Horsch selbst gibt sich diplomatisch: "Ich kann mir alles vorstellen, aber ich bin leidenschaftlich gerne Bürgermeisterin.""Es entsteht kein Vakuum"


Ähnlich wie in Trier hat auch die Kreis-CDU (noch) keinen Kronprinzen für Kaster. Die Kandidatenfrage werde 2016 in Ruhe besprochen, sagt Jens Rosenbaum (37) aus Kenn, Politikwissenschaftler und Vorsitzender des CDU-Gemeindeverbands Schweich. Auch Simone Thiel (37), die dem Gemeindeverband Saarburg vorsteht und bei der Europawahl nur knapp am Einzug ins Parlament scheiterte, hält sich bedeckt: "Jetzt ist kein politischer Aktionismus gefragt. Es entsteht kein Vakuum, Kaster ist ja noch zwei Jahre im Amt."
Als Einziger lässt sich Sascha Kohlmann aus Schillingen aus der Reserve locken. Der 40-Jährige ist B-Kandidat von MdL Henter, Kreistagsmitglied und stellvertretender Landesvorsitzender der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA). Der Betriebswirt sagt: "Wenn die Gremien der Meinung sind, ich wäre der Richtige, dann würde ich mich nicht verwehren."Extra

 Udo Köhler.

Udo Köhler.

Foto: (h_st )
 Jutta Albrecht.

Jutta Albrecht.

Foto: (g_pol3 )
 Sascha Kohlmann.

Sascha Kohlmann.

Foto: Axel Munsteiner (ax) ("TV-Upload Munsteiner"

Bei Landtagswahlen sind laut rheinland-pfälzischer CDU-Satzung alle Parteimitglieder im jeweiligen Wahlkreis berechtigt, den Spitzenkandidaten mitzubestimmen. Bei Bundestagswahlen kürt dagegen die Wahlkreisvertreterversammlung den Spitzenkandidaten. Die Wahlkreisvertreterversammlung besteht aus Delegierten der Kreisverbände Trier-Stadt und Trier-Saarburg. Pro 30 Mitglieder dürfen die Kreisverbände je einen Delegierten nominieren. Der CDU-Stadtverband hatte zum Stichtag 31. Oktober 926 Mitglieder, was 30 Delegierten entsprechen würde. Der Landkreisverband hat 1909 Mitglieder, was 63 Delegierten entspricht. Während es bei Landtagswahlen den Wahlkreis Trier und den Wahlkreis Trier/Schweich gibt, sind bei Bundestagswahlen Stadt und Landkreis in einem Wahlkreis zusammengefasst. woc

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort