Ein Leben in Bildern

Bleckhausen · Die Dauner Fototage starten am 16. März mit einer Ausstellung von Wilfried Glatten aus Bleckhausen. Zeitdokumente aus Jahrzehnten wechseln sich dabei mit Bildern voller Witz und Ironie ab.

 „Wovon träumen Astronauten?“ Wilfried Glatten hat die Frau, die sich im Helm des Astronauten spiegelt, nachträglich in der Dunkelkammer ins Bild eingefügt. Es ist eines von zehntausenden Motiven, die Glatten im Laufe seines Fotografenlebens verewigt hat. TV-Foto: Alwin Ixfeld

„Wovon träumen Astronauten?“ Wilfried Glatten hat die Frau, die sich im Helm des Astronauten spiegelt, nachträglich in der Dunkelkammer ins Bild eingefügt. Es ist eines von zehntausenden Motiven, die Glatten im Laufe seines Fotografenlebens verewigt hat. TV-Foto: Alwin Ixfeld

Foto: Alwin Ixfeld (AIX), ALWIN IXFELD ("TV-Upload Ixfeld"

Bleckhausen Weiße Haare, weißer Bart, ein lautes und von Herzen kommendes Lachen und wache, neugierige Augen: Das ist Wilfried Glatten. Er steht in seinem Zimmer, dem "Herrenzimmer", wie er es scherzhaft nennt, und zeigt auf Mitbringsel aus aller Welt, die an den Wänden hängen. Viel wichtiger als das Blasrohr für Giftpfeile, die Masken aus Kamerun, die Skulptur aus Walknochen oder die anderen Andenken an rund 50 Länder, die Glatten bereist hat, sind aber die unscheinbaren Kartons. Die sind nämlich voller Fotos, und Glatten kann zu jedem Bild die Entstehungsgeschichte erzählen.
Und er hat viele Geschichten, denn er blickt auf ein langes, bewegtes Leben zurück: 1923 in Görlitz geboren, drei Kriegsverletzungen, Flucht aus dem Osten nach dem Zweiten Weltkrieg. "Dabei habe ich meine Frau kennen gelernt; mit ihr war ich 66 Jahre lang verheiratet." Bis nach Opladen haben die beiden es nach Kriegsende geschafft. "Da habe ich zwei Filme über die Konzentrationslager gesehen und zwei Nervenzusammenbrüche gehabt, weil ich überhaupt nicht begreifen konnte, was da passiert ist und was die mit uns gemacht haben."
Ein Leserbrief für das Rhein-Echo über die Nazi-Vergangenheit eines Funktionärs der Ost-Vertriebenen bringt Glatten 1946 eine Stelle bei der Zeitung ein. "Ich wollte nichts mehr mit Waffen und Uniformen zu tun haben, und so wurde ich Umbruchredakteur", erzählt Glatten. Als das Rhein-Echo eingestellt wird und Glatten zunächst arbeitslos wird, kann er beim Bergischen Volksboten anfangen, der Heimatzeitung in Burscheid im Bergischen Land.
Zur Fotografie kommt Glatten erst 1953, als er sich mit dem zuständigen Fotografen über dessen immer gleiche Aufnahmen von Gruppen streitet und der ihm wutentbrannt die Kamera in die Hand drückt - mit der Bemerkung: "Mach's doch selbst!" Bis heute sei die Fotografie "eine Art Therapie, weil sie mich ständig in Bewegung hält", betont Glatten. Er bringt sich das Fotografieren und die zugehörige Dunkelkammerarbeit selbst bei, gewinnt Preise bei Fotoausstellungen und wird Fotograf beim Kölner Stadtanzeiger.
"Das lief so gut, dass die Firma Agfa auf mich aufmerksam wurde", erzählt Glatten. Er wird Redakteur verschiedener Hauszeitschriften des Herstellers von Kameras, Filmen und Tonbändern und bleibt das bis zum Ende seines Berufslebens.
"Alles, was die Kameras heute automatisch machen, hast du damals mit dem Kopf gemacht. Blende, Zeit und Entfernung - das kam aus der Erfahrung", erklärt Glatten seine fotografischen Kenntnisse. "Wichtig war immer, Glück zu haben und zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein." So sind Bilder von dem damaligen US-Präsidenten John F. Kennedy, entstanden, der bei einem Deutschlandbesuch neben Konrad Adenauer sitzt und sein linkes Bein massiert: "Kennedy hatte ständig Rückenschmerzen und hat sein Bein massiert und angehoben, um seinen Rücken zu entlasten", erklärt Glatten dazu.
Zehntausende Fotos sind so entstanden, und immer wieder zeugen sie auch vom Witz des Fotografen. Wie etwa das Porträt eines Astronauten, in dessen Helm sich eine nackte Frau spiegelt. "Wovon träumen Astronauten?", fragt Glatten und ergänzt schmunzelnd: "Die Frau habe ich in der Dunkelkammer eingefügt."
Um Landschaften und Menschen abzulichten, kommt er seit Jahrzehnten immer wieder in die Eifel. Seit sechs Jahren lebt er ständig bei seiner Tochter in Bleckhausen. Rund 40 Aufnahmen von Wahl-Eifeler Wilfried Glatten sind ab dem 16. März im Rahmen der Dauner Fototage in der Volksbank RheinAhrEifel in Daun zu sehen. Es sind Zeitdokumente aus vergangenen Jahrzehnten, die eines gemeinsam haben: Sie erzählen Geschichten über Menschen.
PROGRAMM DER FOTOTAGE IM FORUM DAUN


Extra

Donnerstag, 16. März: Ausstellungseröffnung mit Fotos von Wilfried Glatten (19 Uhr, Volksbank Daun). Freitag, 17. März: Multi-Vision-Schau "Das große Bulli-Abenteuer Istanbul-Nordkap" von Peter Gebhard (19.30 Uhr). Samstag, 18. März: Foto-Infomesse (10 bis 17 Uhr), Fotoseminar "Landschaft, Natur, Menschen" mit Martin Engelmann (10 Uhr), Videoseminar "Der Weg zum guten Video" mit Josef Niedermeier (10 Uhr), Lightroom-Seminar mit Peter Hoffmann (15 Uhr), Preisverleihung Jugend-Fotowettbewerb (16.30 Uhr), Multi-Vision-Schau "Südamerika querdurch - vom Pazifik zum Atlantik" mit Axel Brümmer und Peter Glöckner (19.30 Uhr). Sonntag, 19. März: Multi-Vision-Schau "Zu Fuß nach Rom - Auf dem Franziskusweg" mit Martin Engelmann (14.30 Uhr), Multi-Vision-Schau "Madagaskar - Das Erbe von Lemuria?" mit Josef Niedermeier (18 Uhr).

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