Für Joshua und Marcel läuft's rund

Uersfeld · Joshua Drieling (5) und Marcel Schild (7) leiden seit ihrer Geburt an schweren körperlichen Beeinträchtigungen. Dass sie nun als Rollstuhlkinder problemlos die Grundschule Uersfeld besuchen können, verdanken sie und ihre Eltern der Offenheit der Schule und dem zügigen Umbau im Gebäude.

 Joshua Drieling (links) und Marcel Schild (Zweiter von links) sind auf den Rollstuhl angewiesen, können aber problemlos die Grundschule in Uersfeld besuchen. TV-Foto: Brigitte Bettscheider

Joshua Drieling (links) und Marcel Schild (Zweiter von links) sind auf den Rollstuhl angewiesen, können aber problemlos die Grundschule in Uersfeld besuchen. TV-Foto: Brigitte Bettscheider

Uersfeld. Auf dem Hof der Grundschule Uersfeld geht es in der großen Pause bei diesem schönen spätsommerlichen Wetter besonders munter zu. Die Kinder rufen sich Kommandos zu und spielen Fangen und Verstecken. Mittendrin sind Joshua und Marcel - im Rollstuhl wegen zerbrechlicher Knochen der eine, wegen versteifter Gelenke und verzögerter Muskelentwicklung der andere. Joshua Drieling hat die Glasknochenkrankheit, Marcel Schild leidet an Arthrogryposis multiplex congenita (AMC). Zwei Frauen sind immer in ihrer Nähe, Marile Münch und Ingrid Gerhards, die die beiden "Rollis" als Inklusions-Assistentinnen betreuen, so genannt nach dem relativ neuen pädagogischen Ansatz der Inklusion (siehe unten stehenden Text).
Als es zum Unterricht klingelt, strömen die Kinder durch den Haupteingang ins Schulhaus - alle außer Joshua und Marcel; sie nehmen den behindertengerecht umgebauten Lehrereingang. Marcel parkt seinen Rollstuhl vor der Klassentür und geht die paar Meter zu seinem Platz zu Fuß. Joshua steuert mit seinem Gefährt den einzigen höhenverstellbaren Tisch in der Klasse 1a an. "Bist du eine Repörterin?", will einer ihrer Klassenkameraden noch von der Mitarbeiterin des Trierischen Volksfreunds wissen.
Dann beginnt die Schul- und Klassenleiterin Martina Willems mit dem Unterricht. Der Buchstabe "S" steht auf dem Plan - als Schlange, die auszumalen, auszuschneiden und auf bunte Pappe zu kleben ist. Martina Willems gibt Hinweise, lobt "ihre" Kinder. Marile Münch und Ingrid Gerhards haben ein Auge auf Joshua und Marcel, aber bei dieser Unterrichtseinheit ist Hilfe kaum erforderlich - so gewissenhaft und sorgfältig erledigen die Jungen die gestellte Aufgabe.
Nicht in Watte packen, sondern so viel Selbstständigkeit wie möglich und nur so viel Hilfe und Schutz wie nötig geben, lautet die Devise der Lehrerin und der Inklusions-Assistentinnen. "Es läuft reibungslos", fasst Martina Willems die ersten Wochen mit der 1a zusammen. Seit 24 Jahren ist sie Lehrerin, seit acht Jahren leitet sie die Grundschule Uersfeld.
"Ich hatte noch nie ein körperbehindertes Kind in der Klasse", erzählt sie, "und nun gleich zwei!"
Sie mache so viele positive Beobachtungen, sagt Martina Willems mit Blick auf den selbstverständlichen Umgang der Mitschüler mit Joshua und Marcel und auf ihre Rücksichtnahme. Für Kinder wie Joshua und Marcel sei die inklusive Pädagogik ein Segen, meint sie.
Das bestätigen auch die Elternpaare Anja und Thomas Drieling aus Uersfeld und Nicole und Stefan Schild aus Lirstal. Die Schule leiste vorbildliche Arbeit, und die VG-Verwaltung als Schulträger habe die erforderlichen Baumaßnahmen "ohne Wenn und Aber" in den Sommerferien für 36 000 Euro, die eigentlich nicht im Haushalt standen, kurzfristig umgesetzt.
Extra

In Schwerpunktschulen werden förderbedürftige Kinder (Förderkinder) und Kinder ohne Beeinträchtigung (Regelkinder) in einer Klasse unterrichtet. Rheinland-Pfalz hat 2000 das Konzept der Schwerpunktschulen (SPS) beschlossen und ab dem Schuljahr 2001/02 mit der Umsetzung begonnen. Mittlerweile gibt es 228 Schwerpunktschulen, zwei davon im Kreis Vulkaneifel (Grundschule Daun und Grundschule Waldstraße in Gerolstein). sts

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