Geschichte Munitionsfabrik Espagit - Chronik eines Unternehmens

Die Munitionsfabrik Espagit in Kehr, der kleinen Siedlung bei Hallschlag: Sie sollte die Eifel, so die Absicht der Regierung unter Kaiser Wilhelm II., wirtschaftlich beleben.


Vor 100 Jahren wurde sie in der damaligen Rheinprovinz, dem heutigen Grenzgebiet von Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Belgien, geplant und Anfang 1915 errichtet. Noch im gleichen Jahr nahm sie die Produktion auf, seit 1916 unter der Geschäftsführung der Firma Espagit.
Mehr als 2000 Menschen, vom Einheimischen bis zum Zwangsarbeiter, waren zeitweise dort beschäftigt und produzierten Sprengstoff für die Front im Westen. Dabei stellten sie nicht nur neue Granaten her, sondern nahmen auch gebrauchte Sprengkörper auseinander, um Metall und Sprengstoff weiterzuverwenden.
Nach Ende des Ersten Weltkriegs hatte sich das deutsche Reich verpflichtet, die linksrheinisch gelagerten Granaten zu vernichten. Zu Tausenden wurden sie in Eisenbahnwaggons nach Hallschlag geschafft, wo sie unschädlich gemacht und entsorgt werden sollten - darunter auch eine große Zahl von Sprengsätzen, in denen sich Giftgas befand.
Dazu kam es aber nicht mehr, zumal man angesichts der schieren Menge an gefährlichen Altlasten heillos überfordert war: Im Jahr 1920 explodierte die Fabrik aus ungeklärter Ursache. Drei Tage lang waren Detonationen zu hören, bei denen die Sprengkörper und ihr teils giftiger Inhalt weit über das Gelände geschleudert wurden. Dass viele von ihnen beim Aufschlag nicht detonierten, hatte einen simplen Grund: Für den Bahntransport nach Hallschlag hatte man die Zünder entfernt.
Nach einer eher halbherzigen Entsorgung in den ersten Jahren danach weideten bis 1988 Kühe auf den ehemaligen Espagit-Flächen. Immer wieder fanden die Landwirte dort Sprengkörper und Granatenreste, eine ernsthafte Entmunitionierung kam aber erst in Gang, nachdem der damalige Grünen-Kommunalpolitiker Gunther Heerwagen aus Birgel die Behörden hartnäckig auf die Altlast und ihre Gefahren hingewiesen und das Problem publik gemacht hatte. fpl

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