Wer bewegt sich zuerst? Kandidatenkür gleicht Mikadospiel

Daun · Wer folgt auf Wolfgang Jenssen? Etwas mehr als ein Jahr vor der Wahl eines neuen Dauner Stadtoberhaupts wird schon viel spekuliert. Anders als bei den bisherigen Direktwahlen des Bürgermeisters ist es denkbar, dass es nicht wieder nur zu einem Duell zwischen CDU- und SPD-Bewerber kommt.

Daun. Das könnte ein langer Wahlzettel werden: Alle im Dauner Stadtrat vertretenen Fraktionen können sich vorstellen, bei der Stadtbürgermeister-Wahl 2014 einen Kandidaten ins Rennen zu schicken. Nach derzeitigem Stand wird im Juni kommenden Jahres das höchste Amt der Kreisstadt neu besetzt, da Stadtbürgermeister Wolfgang Jenssen (SPD) derzeit keine weitere Kandidatur anstrebt.

Ernsthaft auf der Suche: "Der Stadt würde eine unabhängige Kandidatin oder ein unabhängiger Kandidat gut stehen", sagt Alfred Lorenz (59), Sprecher der Stadtratsfraktion der Freien Wählergruppe Reineke (mit drei Sitzen im Rat vertreten). "Wir sind jedenfalls ernsthaft auf der Suche nach einem solchen Kandidaten." Und wer könnte das sein? Vielleicht auch er selbst? Er lässt sich nicht festlegen: "Ob jemand von unseren Mitgliedern kandidiert, ist vollkommen offen." Auch die Bürgerunion Vulkaneifel (BUV) hält sich alle Optionen offen. "Zunächst ist unsere oberste Priorität, nach der Kommunalwahl nach Möglichkeit mit mehr als wie bisher zwei Sitzen im Stadtrat vertreten zu sein", sagt Fraktionssprecher Frank Kirwel. "Wenn sich allerdings aus unseren Reihen ein geeigneter Kandidat als Stadtbürgermeister zur Verfügung stellen würde, dann könnten wir uns auch das vorstellen."
Auch der Vorsitzende der Fraktion des Gewerbe- und Verkehrsvereins (GVV, drei Sitze im Rat), Stefan Minninger, kann sich einen Kandidaten aus den eigenen Reihen vorstellen. Wer könnte es machen? Wenn es um den GVV geht, fällt sofort der Name Hans-Dieter Wilhelm.

Kein völliger Verzicht: Der GVV-Vorsitzende und dritte Beigeordnete der Stadt hatte im Vorfeld der Kommunalwahl 2009 eine Kandidatur erwogen, sich aber dagegen entschieden. Vor einigen Wochen hatte er erklärt, derzeit komme für ihn eine Kandidatur nicht infrage. Ein völliger Verzicht ist das aber nicht: "Ich schaue mir an, wie sich die personelle Konstellation in dieser Frage entwickelt. Dann werde ich über eine Kandidatur entscheiden." Bei der Mitgliederversammlung des CDU-Stadtverbands am kommenden Montag steht das Thema Kommunalwahl auf der Tagesordnung. Geht es da schon um den Stadtbürgermeister-Kandidaten? "In erster Linie wollen wir ausloten, wer sich wie bei der Kommunalwahl engagieren will, wer sich vorstellen kann, auf die Liste zur Stadtratswahl zu gehen", sagt der Stadtverbandsvorsitzende Dieter Brill.

Keine Frist gesetzt: Also keine so frühe Festlegung auf einen Kandidaten wie vor der Kommunalwahl 2009? Damals hatte die CDU schon mehr als ein Jahr davor - im Mai 2008 - den damaligen (und heutigen) 1. Beigeordneten Otmar Monschauer als Herausforderer von Jenssen präsentiert. Brill will sich auf keinen Zeitplan festlegen: "Zunächst muss ja erst einmal ein Kandidat gefunden werden. Das tun wir ohne zeitlichen Druck."
Kenner der politischen Szene in der Kreisstadt waren davon ausgegangen, dass es schon einen Top-Favoriten bei der CDU gibt: den seit kurzem amtierenden Vorsitzenden der Stadtratsfraktion, Friedhelm Marder (53). Er hat Friedhelm Haep abgelöst, der ebenfalls schon als Bewerber gehandelt worden war, aber im Februar seinen Verzicht auf eine Kandidatur erklärt hatte (der TV berichtete). Brill sagt: "Es läuft nicht zwangsläufig auf Friedhelm Marder hinaus. Er gehört zu einer Handvoll möglicher Kandidaten, mit denen wir sprechen." Ist unter den Kandidaten Dieter Oster (Ortsvorsteher Daun-Boverath), der auch als möglicher Bewerber gehandelt worden war? Brill: "Nein. Er steht nicht zur Verfügung."
Eine Handvoll möglicher Kandidaten - das kann die SPD nicht vorweisen. Genannt wird immer nur ein Name: Uli Domenghino (58), Vorsitzender der Stadtratsfraktion. Er hat sich selbst Bedenkzeit gegeben: "Es gibt noch keine Tendenz dafür oder dagegen. Ich habe keinen Druck und werde mich in aller Ruhe entscheiden."Meinung

Freiwillige vor
Ganz offen sagt es keiner, aber auf der politischen Ebene in Daun ist es spürbar: Nach fast 15 Jahren Wolfgang Jenssen ist der Wunsch nach einem neuen Gesicht an der Stadtspitze groß - auch bei Teilen der SPD. So ist wohl auch zu erklären, warum mehr als ein Jahr vor der Stadtbürgermeisterwahl in Daun schon reichlich spekuliert wird, wer Jenssens Nachfolger werden könnte. Noch ähnelt das Geschehen einem Mikadospiel: Möglichst nicht zu früh bewegen, abwarten, wer als Erster den Hut in den Ring wirft, und dann entscheiden, ob eine eigene Kandidatur Aussicht auf Erfolg hat. Das grundsätzliche Problem: Wer kann es sich erlauben, ein solches Amt als Quasi-Halbtagsjob zu übernehmen? Welcher Arbeitgeber aus der freien Wirtschaft ist bereit, einen Mitarbeiter - möglicherweise täglich - für Bürgermeister-Pflichten freizustellen? Lob gibt es nicht viel, die finanzielle Entschädigung ist überschaubar. Deshalb ehrt es schon all die, die überhaupt nur mit dem Gedanken spielen, zu kandidieren. s.sartoris@volksfreund.deExtra

Zu Beginn seiner Amtszeit hat Wolfgang Jenssen (SPD) noch die Stunden gezählt, die er als Stadtbürgermeister tätig war. "Irgendwann habe ich es aufgegeben, aber es kommen bestimmt so viele Stunden zusammen, die auch ein Halbtagsjob mit sich bringt." Er ist jeden Tag im Rathaus, hinzu kommen die Bürgersprechstunde, die Sitzungen von Stadtrat und dessen Ausschüssen und die vielfältigen repräsentativen Aufgaben, die der Stadtbürgermeister zu erfüllen hat. Der Posten des Stadtbürgermeisters ist ein Ehrenamt, er bekommt kein Gehalt. Für die Ehre allein muss er es aber auch nicht machen: Er bekommt eine vom Land festgelegte Aufwandsentschädigung. Sie beläuft sich bei einer Stadt wie Daun mit etwas mehr als 8000 Einwohnern auf knapp 2200 Euro. sts

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