Wirtschaft Schwierige Suche: Ein Nachfolger fürs Geschäft

Daun/Gerolstein · Boomende Konjunktur: Die Wirtschaftsförderungs­gesellschaft Vulkaneifel berät deutlich weniger Existenzgründer. Dafür rücken Betriebsübergaben stärker in den Fokus.

 Wenn die Unternehmensnachfolge nicht schon frühzeitig geregelt ist, stehen Betriebe – wie aktuell das Hotel zum goldenen Fässchen in Daun – leer. Im schlimmsten Fall geht eine  lange Tradition dauerhaft zu Ende.

Wenn die Unternehmensnachfolge nicht schon frühzeitig geregelt ist, stehen Betriebe – wie aktuell das Hotel zum goldenen Fässchen in Daun – leer. Im schlimmsten Fall geht eine lange Tradition dauerhaft zu Ende.

Foto: TV/Mario Hübner

Eigentlich müsste sich Judith Klassmann-Laux, seit Mai 2017 Geschäftsführerin der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Vulkaneifel mbH (WFG), angesichts der boomenden Konjunktur freuen. Sorgt sie doch für eine gute Beschäftigung, volle Auftragsbücher und Investitionen sowie gute Laune bei den Unternehmen in der Vulkaneifel. Einerseits. Andererseits ist deswegen aber auch die Zahl der Existenzgründerberatungen im vergangenen Jahr deutlich zurückgegangen: von 88 im Jahr 2016 auf 61. Und die Existenzgründer bei ihrem Weg in die Selbstständigkeit an die Hand zu nehmen, zu beraten, mit Erfahrung zur Seite zu stehen, mit ihnen gemeinsam einen Businessplan zu erstellen, Tipps für die Genehmigungsverfahren zu geben, damit es auch klappt, ist eine der zentralen Aufgaben der WFG.

Also der Boom eine ärgerliche Sache? „Natürlich freuen wir uns mit den Unternehmen, dass es läuft.  Der Rückgang hat aber klar mit der guten Beschäftigungslage zu tun, denn die Existenzgründungen aus der Not heraus sind so gut wie weggefallen“, sagt Judith Klassmann-Laux.

Dabei werden zwei Arten unterschieden: die, bei denen der Existenzgründer noch Arbeitslosengeld I bezieht und darüber hinaus ein Jahr lang monatlich 300 Euro Gründungszuschuss erhält. Diese Gründungsversuche sind zumeist von dauerhaftem Erfolg gekrönt. Laut WFG-Einschätzung kommen acht von zehn durch. Und dann gibt es diejenigen, die aus Hartz IV heraus den Schritt in die Selbstständigkeit (samt Unterstützung) wagen. Bei denen ist die  Relation laut WFG genau umgekehrt, demnach schaffen es gerade einmal zwei von zehn, sich zu etablieren.

Bedeuten Wirtschaftsboom und deutlich weniger Gründunsgberatungen, dass es für die WFG  demnach kaum noch was zu tun gibt? Die zu erwartende Antwort ist ein klares Nein! So betont Judith Klassmann-Laux: „Die Existenzgründerberatung ist nur einer von drei Schwerpunkten unserer Arbeit: Daneben beraten und unterstützen wir die Unternehmen, die bereits hier ansässig sind, und wir vermarkten den Wirtschaftsstandort Landkreis Vulkaneifel. Also den Bestand pflegen und die Werbetrommel rühren.“

Und da gebe es beileibe genug zu tun. Ein zentrales Stichwort sei die  Fachkräftegewinnung und -bindung. Ein hartes Brot, wie die WFG-Beraterinnen (neben der Geschäftsführerin noch Christina Kirst und Angelika Gerhards; siehe Info) betonen. So würden verstärkt Studierende, aber auch schon Schüler angesprochen, um sie für den Wirtschaftsstandort Vulkaneifel zu sensibilisieren und zu zeigen, welche Firmen, Jobs und Karrieremöglichkeiten sich vor Ort böten. Das geschieht bei Berufsinfotagen an Schulen, regionalen Messen und durch die Vermittlung von Firmenbesuchen. „Neben Schüler- und Studierendenexkursionen zu Unternehmen im Kreis vergeben wir auch einmal im Jahr gemeinsam mit den regionalen Banken den Funkensprüher, den Award für schulische und studentische Arbeit mit Bezug zum Wirtschaftsstandort Vulkaneifel“, nennt Klassmann-Laux ein Angebot. Im Herbst 2018 wird der Preis bereits zum dritten Mal vergeben. Denn – das wissen die Wirtschaftsförderer nur allzu gut von den Exkursionen und Gesprächen mit jungen Menschen – „die Vulkaneifel wird in dieser Hinsicht oft unterschätzt“. Doch gerade vonseiten der Schulen wünscht sich die WFG-Chefin da eine noch etwas stärkere Beteiligung.

Zur Bestandspflege wiederum zählen regelmäßige Besuche, Erstberatungen bei Investitionsvorhaben, aber auch spezielle Angebote wie der Beratertag mit Experten der Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz, bei dem es sehr detailliert um Fördermaßnahmen, öffentliche Gelder und günstige Darlehen ging – ein großer Erfolg, der in diesem Frühjahr wiederholt werden soll.

Auch eine ähnlich gute Resonanz hofft die WFG bei einem Angebot, das in diesem Jahr ebenfalls wieder aufleben soll: der Website-Check. Am 22. Februar können Unternehmen ihre Webseite auf den Prüfstand stellen lassen. In 60-minütigen Einzelberatungen erhalten sie von externen Experten wertvolle Tipps zu ihrer Präsenz im Netz. „Wenn es gut angenommen wird, machen wir auch dazu gerne nochmal einen Folgetermin, kündigt die WFG-Geschäftsführerin an.

In Sachen Bestandspflege haben die Wirtschaftsförderer vergangenes Jahr 147 Beratungsgespräche absolviert. Hauptsächlich angesprochen wurden dabei Fragen nach Fördermitteln, „was deutlich die sehr hohe Investitionsbereitschaft widerspiegelt und sicher auch 2018 noch anhalten wird“, sagt Klassmann-Laux. Ein weiteres Thema rücke aber immer stärker in den Vordergrund, für das es daher auch ein eigenes Beratungsangebot gebe: das der Unternehmensnachfolge. „Vor allem in der Hotellerie und Gastronomie wird das ein immer wichtigeres Thema – und zwar eines, an das man nicht erst ein, zwei Jahre, bevor man selber aufhört, denken sollte“, sagt Klassmann-Laux.

Infos zu den Beratungsangeboten und Veranstaltungen der WFG erhalten alle Interessierten im monatlichen Newsletter. Dieser kann unter www.wfg-vulkaneifel.de kostenfrei abonniert werden. Kontakt: WFG Vulkaneifel, Telefon 06592/933200,
E-Mail: wfg@vulkaneifel.de

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