Kopf, Körper, Olympia: Frodeno sucht nach Antworten

Kitzbühel (dpa) · Endlich wieder zu einem Rennen, endlich wieder am Start stehen, endlich wieder mittendrin statt außen vor: Nach über einem halben Jahr mit Verletzungen, unklaren Diagnosen und Krankheit kehrt Jan Frodeno beim WM-Rennen in Kitzbühel auf die Triathlon-Bühne zurück.

„Nach so vielem Hin und Her, so vielen Höhen und Tiefen und Drumherum bin ich erst mal froh, ruhigen Gewissens endlich wieder zu einem Wettkampf zu fahren“, sagte er sieben Wochen vor dem Olympia-Start in London der Nachrichtenagentur dpa.

Der Olympiasieger steckt in der schwierigsten Phase seiner Karriere. Im Olympia-Jahr 2012 zeigt sein Körper ihm erstmals Grenzen auf. Alles oder nichts im Training und im Wettkampf funktioniert scheinbar nicht mehr.

„Ich habe erkannt, dass mir mein Körper etwas sagt, was mein Kopf offensichtlich in den letzten beiden Jahren nicht kapieren wollte“, meinte der 30-Jährige und wirkt nachdenklich. „Wenn ich nicht etwas ändere, macht der Körper das ganz automatisch, weil er das nicht mehr mitmacht und die Belastung oder Überbelastung nicht mehr toleriert.“

An seinem Ehrgeiz hat sich nichts geändert. Das Nahziel heißt London - dort will er vorne mitmischen. Ob das geht, soll der WM-Lauf in Österreich zeigen. Das Rennen ist das letzte vor den Olympischen Spielen, bei dem über die volle Distanz - 1,5 Kilometer Schwimmen, 40 Kilometer Radfahren, 10 Kilometer Laufen - um WM-Punkte gekämpft wird. Alle Stars der Szene haben gemeldet.

Die London-Nominierten Steffen Justus, Maik Petzold, Anja Dittmer und Svenja Bazlen nutzen die Wettkämpfe am Samstag (Frauen) und Sonntag (Männer) als letzten Formtest. Frodeno will indes Antworten: Macht der Körper mit? Gibt es Schmerzen in der linken Wade? Reicht die kurze Zeit, um noch für London in Form zu kommen? „Ich wäre sehr glücklich, wenn ich schmerzfrei durch das Rennen durchkomme und am Montagmorgen dastehe und weiterlaufen kann“, sagte er. „Ich habe dann zwar nicht mehr viel Zeit, aber noch soviel Zeit, mich ordentlich auf Olympia vorzubereiten.“

Die Platzierung ist in Kitzbühel egal. Das sagt auch Wolfgang Thiel, Sportdirektor der Deutschen Triathlon Union (DTU): „Er soll zeigen, dass er im Schwimmen und auf dem Rad vorn dabei sein kann. Und im Laufen soll er ein gewisses Niveau haben.“

Formal hat Frodeno die Qualifikationskriterien mit seinem elften Platz beim WM-Rennen 2011 in London nur zur Hälfte erfüllt. In diesem Jahr fehlt noch eine Top-20-Platzierung bei einem WM-Lauf. Dass er diese in Kitzbühel nachliefert, ist unwahrscheinlich. Nach dem Rennen werden Thiel und Frodeno sprechen. Das DTU-Präsidium muss dann entscheiden, ob es seinen einzigen Olympiasieger nominiert.

Von einer ordentlichen Vorbereitung auf den Saisonhöhepunkt in London war Frodeno weit entfernt. Schwimmen und Radfahren waren möglich, Laufen nicht. Erst die lange nicht erkannte Nervenentzündung in der linken Wade, dann die Achillessehnenreizung, nachdem er mit dem Lauftraining begonnen hatte, und zum Schluss ein Infekt im Juni im Höhentrainingslager. „So was habe ich noch nie erleben müssen.“

Kurz vor dem Start in Kitzbühel sagt der Modellathlet: „Mir geht es sehr gut.“ Er sei nun „zu 85 bis 90 Prozent beschwerdefrei“. Mittlerweile habe er mit den ersten Tempoläufen begonnen. Will Frodeno aber in London eine Hauptrolle spielen, gilt für ihn im Training dann doch wieder: Alles oder nichts. Im Kopf ist Frodeno dazu bereit. Ist es auch sein Körper?

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