Fünf Ringe: In 140 Zeichen übers Ziel hinaus

Das Internationale Olympische Komitee ist schon immer offen für Exoten-Sportarten gewesen. So war bis 1920 Tauziehen Disziplin in den Wettbewerben. Selbst Lyrik und Malerei wurden schon einmal mit Medaillen ausgezeichnet.

Die Bewerbung als offizielle Sportart war aber auch seit jeher eine Geschichte des Scheiterns. So schafften es weder Sackhüpfen noch Schafscheren in die olympischen Ränge. In Zeiten, in denen sich alles mit und ums Internet dreht, wäre es ja naheliegend, auch Nerd-Disziplinen ins Portfolio aufzunehmen. Twittern zum Beispiel. Das ist jener Volkssport, bei dem die Leute mit je 140 Zeichen das Internet vollzwitschern, permanent und punktgenau.

Erste Feldversuche in diesem Jahr darf man jedoch als gescheitert (neu- beziehungsweise twitterdeutsch: fail!) betrachten. So durfte dieser Tage der Schweizer Fußballer Michel Morganella vorzeitig abreisen, nachdem er bei Twitter die südkoreanischen Gegner als "Bande von geistig Behinderten" bezeichnet hatte. Das Zeitrennen gewann er freilich nicht, denn die griechische Dreispringerin Paraskevi Papachristou durfte erst gar nicht anreisen, nachdem sie sich ebenfalls bei Twitter über ihre afrikanischen Mitbürger abfällig geäußert hatte.

Diese Beispiele zeigen: Als Stoppuhr-Disziplin taugt Twitter nicht, da kommt nur Shit mit anschließendem Storm der Entrüstung heraus. Bevor das Zwitschern olympisch wird, müssen andere Ansätze her, bei denen Hirn zuvor noch nicht in Muskelmasse umgewandelt wurde.

Aber noch scheinen die Spiele ohnehin nicht bereit für die digitalen Sportarten. Bei den Radrennen am Wochenende wurden angeblich die Fernsehübertragungen wegen übermäßiger Twitterei empfindlich gestört. So sah sich das Olympische Komitee genötigt, die Dampfplauderer zur Zurückhaltung aufzurufen und forderte sie auf, "keine überflüssigen Meldungen" abzusetzen. Also doch denkbar schlechte Voraussetzungen, dass Twittern jemals olympisch wird.

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