Alles "big" in USA

Sie heißen Groth, Bryant und Grace Family, Colgin Cellars, Harlan Estate, Dalla Valle Maya oder ScreamingEagle - Namen, die unter amerikanischen Weinfreaks Kult-Status genießen. Hierzulande sind sie jedoch nur wenigen Kennern geläufig - und selbst die haben noch nicht viele davon getrunken.

Kein Wunder, findet doch die neue Rotweinelite Kaliforniens nur im seltensten Fall den Weg in die "Alte Welt". Denn entgegen der verbreiteten Annahme, in Amerika sei alles "zwei Nummern größer", werden die in den 90er Jahren entstandenen High-End-Weine Kaliforniens meist von winzigen, aber auf Perfektion getrimmten Weingütern erzeugt, die ein sehr spezielles und ausgeklügeltes Vertriebssystem haben. Diese "Boutique-Wineries" genannten Betriebe stellen oft nur ein paar hundert Kisten eines Weins her und stehen damit im krassen Gegensatz zu Giganten wie Gallo oder Beringer, die zu den größten Weingütern der Welt zählen. Eine der kleinsten unter diesen Boutique-Wineries ist Screaming Eagle. Als die Besitzer Tony Bowden und Heidi Peterson mit dem 92er ihren ersten Jahrgang präsentierten, wurden gerade mal 2100 Flaschen abgefüllt. Diese waren aber, ebenso wie die der Folgejahre, von solch überragender Qualität, dass die Preise auf dem Markt für eine Flasche auf bis zu über 1000 Euro explodierten - falls überhaupt je eine davon angeboten wurde. So gilt Screaming Eagle heute nicht nur als einer der besten und teuersten Rotweine der Welt, er ist auch einer der rarsten. Die meisten dieser Boutique-Wineries verkaufen ihre Weine über eine Mailing-Liste. Wer das Glück hat, das Weingut frühzeitig entdeckt zu haben und so zu den Stammkunden der ersten Stunde zu zählen, oder wer über beste Beziehungen zu den Besitzern verfügt, wird einmal jährlich angeschrieben. Dem Kunden wird mitgeteilt, wie viele Flaschen er kaufen darf. Wer es nur einmal unterlässt, sein Kontingent zu beziehen, wird von der Mailing-Liste gestrichen und ein Anwärter rückt für ihn nach. Die Nachfrage nach diesen Listenplätzen ist gigantisch. Hinter vorgehaltener Hand wird von "Ablösezahlungen" im 5-stelligen Dollar-Bereich gemunkelt, die geboten wurden, um einen Listenplatz übernehmen zu dürfen.

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