Aus Freude am Laden

München · Vorderradantrieb und Motoren mit drei Zylindern: BMW-Fahrer mussten einige Traditionsbrüche verdauen. Nun bauen die Bayern auch noch einen geräumigen Van. Der hat aber durchaus das Zeug zum Verkaufsschlager.

 Foto: BMW

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Foto: www.danielkraus.de,Bernhard Limberger (g_motor

München. Im 2er Gran Tourer ließen sich tatsächlich bis zu sechs Kinder chauffieren. Nicht allein das ist für einen BMW revolutionär. Denn diesmal galt das Augenmerk weniger den Pferdestärken und dem Drehmoment, sondern dem Platz für Passagiere und Gepäck. Aus Freude am Laden sozusagen.
Die Münchner drängen mit ihrem 2er Gran Tourer - clever kal kuliert - in einen Markt, auf dem ihre deutsche Premium-Konkurrenz Audi und Mercedes-Benz nichts oder kaum Vergleichbares zu bieten hat. VW Touran und Ford C-Max heißen nun die Gegner, die die bayerische Marke genau studiert hat. Der 2er Gran Tourer soll ein Eroberer werden. Peter Krist, der Projektverantwortliche, erhofft sich "75 Prozent Kunden, die vorher nicht BMW gefahren sind". Und so gut, wie der 22 Zentimeter kürzere Bruder, der 2er Active Tourer, schon mit mehr als 33 000 verkauften Exemplaren innerhalb eines Dreivierteljahres loslegte, sind die Hoffnungen wohl nicht überzogen.
Was es von Juni an zum Einstiegspreis von 26 950 Euro gibt (216i mit Dreizylinder-Benziner und 100 PS/74 kW), ist tatsächlich fahrbarer Raum en masse. Bis zu 1900 Liter Kofferraum öffnen sich hinter einer erfreulich niedrigen Ladekante. Dazu gibt es bis zu sieben Plätze, verteilt auf drei Sitzreihen. Wobei die mittlere auch auf der Längsachse verschiebbar ist. Und auf die hintersten beiden Plätze dürfen sich sogar zwei Erwachsene zusammenfalten - am besten allerdings mit kurzen Beinen. An Kopf freiheit herrscht kein Mangel. Auf dem deutschen Markt bitten die Bayern jedoch mit 790 Euro extra für die dritte Sitzreihe zur Kasse. Wer also ein PS-stärkeres BMW-Raumschiff mit besserer Ausstattung ordert, hat schnell 40 000 Euro auf der Rechnung. Das wird Familien abschrecken. Eher dürften also Besserverdiener mit raumgreifenden Hobbys die Finger auf die Schaltpaddel der Achtgang-Automatik legen. Selbst ein 2,60 Meter langes Surfbrett schluckt der Gran Tourer und hält immer noch die Klappe.
Der Van bietet viel, was Familien schätzen: insgesamt 40 Liter Stauraum für Krimskrams etwa. Nur mit einem kleinen Fingerdruck legt man die Lehnen der zweiten Sitzreihe um. Ein Fußkick, und der Kofferraum öffnet oder schließt elektrisch. Und unter der offenen Heckklappe kann man auch mit 1,80 Meter Größe noch aufrecht stehen.
Innen so edel wie ein 5er


Doch mal ehrlich: Vieles von dem können Touran und C-Max auch - und nicht schlechter. Das Image der Nobelmarke BMW ist allerdings das, womit der neue Gran Tourer den Konkurrenten voraus fährt. Er kann innen so edel aussehen wie ein 5er. Mit Leder, Chrom und Edelholz wird der Van richtig schick, zeigt Oberklasse. Auch außen hat man mit der Optik eines Haifischmauls und weit nach hinten ge zogenem Dachspoiler alles versucht, den Neuen nach einem flotten Raumgleiter aussehen zu lassen. Es ist durchaus geglückt - zumal, wenn er auf sportlichen 19-Zoll-Rädern rollt. Damit parkt man dann auch in der Zufahrt einer Villa adäquat.
Den BMW-Markenkern aber spürt erst, wer sich hinters Lenkrad setzt, das elektro nisch regelbare, doch nicht zu straffe Fahrwerk auf den Modus Sport schaltet und die viereinhalb Meter Blech durch enge Kurven steuert. Zwar bringen selbst die beiden Top motorisierungen (220i mit 192 PS/141 kW und 220d mit 190 PS/140 kW, auch als xDrive) keinen knall harten Bums. Doch der neue bayerische Van ist kaum weniger agil als das, was bislang mit dem blau-weißen Logo zu haben war.

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