Essbarer Fassadenschmuck: Spalierobst für den kleinen Garten

Reutlingen (dpa/tmn) · Ein Apfelbaum muss keine runde Krone haben. Und ein Birnbaum muss nicht mitten im Garten thronen. Wer wenig Platz auf dem Grundstück hat, kann die Bäume als Spalierobst formen und eine Wand hochklettern lassen.

 Apfelbäume eignen sich gut als Spalierobst, da sie niedrige Ansprüche an den Standort haben. Foto: Hilke Segbers

Apfelbäume eignen sich gut als Spalierobst, da sie niedrige Ansprüche an den Standort haben. Foto: Hilke Segbers

Selbst in kleinen Gärten können Hobbygärtner eine üppige Ernte einfahren. Spalierobst macht es möglich: Entlang einer Wand des Hauses, der Garage oder eines Schuppens wachsen die Gehölze relativ flach nur in die Höhe und Breite. Sie brauchen also weniger Platz. Doch ihre Pflege ist aufwendiger als die frei stehender Obstbäume, denn der Gärtner muss sie in Form bringen und halten. „Die Triebe der Gehölze haben ihr Eigenleben und sind widerspenstig. Sie in eine andere Form zu zwingen - das geht nur mit viel Geschick und Arbeitseinsatz“, sagt Fachbuchautor Uwe Jakubik aus Reutlingen.

Apfel und Birne machen sich am besten als Spalierobst, erläutert der Experte. „Steinobst wie Mirabelle oder Kirsche hingegen ist nur eingeschränkt geeignet.“ Das liege vor allem daran, dass diese Pflanzen höhere Ansprüche an den Standort haben. Wichtig für Hobbygärtner sei zudem, das sie langsam wachsende Gehölze wählen, rät Frank Wetzel von der Gartenakademie Baden-Württemberg in Heidelberg.

Idealerweise werden Pflanzen gesetzt, die ein Jahr alt sind. Sie lassen sich noch leicht formen, da ihre Ruten biegsam sind und sich ohne Schneiden in die gewünschte Richtung drücken lassen, erläutert Wetzel. Die Gehölze kommen in Böden, die ihren Ansprüchen genügen: Während der Apfel auch in schweren Böden gedeiht, braucht die Birne tiefgründige und gut durchlüftete humose Böden. Sie benötigt außerdem mehr Wärme, nimmt dafür aber Trockenheit nicht so übel.

Die Pflanzen sind geschützter, wenn sie an eine sonnige Haus- oder Garagenwand, am besten unter ein Vordach, kommen. Raue Winde erreichen sie hier kaum und die Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht sind geringer, denn die Wand speichert und reflektiert Wärme. „Als Spalierobst kommen dort eventuell auch Arten oder Sorten infrage, die man im freien Garten nicht anbauen kann“, sagt Thomas Wagner vom Bundesverband Deutscher Gartenfreunde in Berlin.

Gärtner lassen die Pflanzen meist an Holzlatten nach oben wachsen. „Draht oder Stahl eröffnet jedoch mehr Gestaltungsmöglichkeiten, sind zudem witterungsbeständiger und einfach zu verarbeiten“, erläutert Wagner. Das Gerüst braucht eine gute Verankerung in der Wand. „Der Mindestabstand zwischen Gerüst und Mauerwerk sollte 10 bis 15 Zentimeter betragen“, empfiehlt der Gartenexperte. So bleibe die Mauer gut belüftet, und der Luftzug könne Feuchtigkeit an der Substanz abtransportieren. Das beuge auch einem Pilzbefall der Pflanze vor.

Wer Reparaturen oder eine Sanierung der Hauswand einplanen will, sollte einen größeren Abstand zwischen Pflanze und Wand einhalten. Jakubik rät zu rund 50 Zentimetern. Aber generell gilt: Je größer der Abstand ist, desto höher sind die Anforderungen an die Stabilität und Befestigung des Gerüstes.

Der Baum wird so daran gesetzt, dass er direkt vor einer Latte oder einem Pfosten steht. Gepflanzt wird Spalierobst wie ein frei stehender Obstbaum: Der Gärtner hebt ein ausreichend tiefes Pflanzloch aus. Es darf aber nur so tief sein, dass die Veredelungsstelle an der Pflanze später über dem Boden liegt. Ist der Baum im Loch und dieses verfüllt, wird die Erde festgetreten und gut gegossen. „Wenn mehrere Apfel- oder Birnbäume nebeneinandergesetzt werden, sollten sie untereinander einen Abstand von drei bis vier Metern haben“, empfiehlt Wetzel.

Aufwendig ist die Befestigung am Gerüst. Am meisten Arbeit macht die klassische Palmettenform: Die Triebe werden streng geometrisch abgewinkelt und so über die verschiedenen Ebenen des Gerüstes gelegt. Freier lassen sich Fächerformen gestalten. Selbst die Fachleute raten aber: Anfänger sollten sich beraten lassen und sich am besten sogar Hilfe in Kursen holen. Dort erfahren sie, wie die Triebe ihrer Pflanze am besten an dem Gerüst geformt werden und wann wo die Schere zum Einsatz kommen muss.

Neue Triebe formt der Gärtner am besten im Sommer. „Dabei gilt als Faustregel: Lieber binden als schneiden“, sagt Wetzel. Denn jeder Schnitt rege einen neuen und oft unerwünschten Austrieb an. Die Triebe dürfen nicht zu stramm an den Latten und Pfosten mit starrem Material wie Kabelbinder oder Draht befestigt sein. Diese sorgen zwar für guten Halt, lassen dem Holz aber keinen Spielraum für Wachstum.

Spalierobst kann auch frei im Garten stehen und dort an Gerüsten hochwachsen. „Auf diese Weise lässt sich zum Beispiel der Weg zum Haus wunderschön gestalten“, findet Jakubik. Alternativen sind, die Bäume in Spalierform oder über einen Drahtpavillon heranzuziehen. Dafür brauchen die Gehölze mehr Platz. Und die Gerüste müssen besonders stabil sein. Denn der Wind rüttelt hier stärker an ihnen als an einer Hauswand.

Literatur:

Jakubik, Uwe: Obstbaumschnitt Grundkurs - Von Apfel bis Zwetsche. So schneiden Sie gut ab, Eugen Ulmer, 126 S., 12,90 Euro, ISBN-13: 978-3800176946

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