Gab es einen Tatort? Oder was von Donna Leon?

Zum Artikel "Große Momente vor leeren Reihen" (TV vom 16. Juni):

Stell dir vor, es ist "Sacre" - und keiner geht hin! Ganz so schlimm war's zwar nicht im Theater Trier, aber höchst blamabel war es allemal, da kann ich Leserbriefschreiber Frankie Kann ("Oh, Mosella", TV vom 17. Juni) nur zustimmen. 120 Menschen auf der Bühne und etwa 300 im Auditorium, da kamen auf einen Aktiven gerade mal drei Hörer. Ich traute meinen Augen nicht beim Betreten des Trierer Theaters, war ich doch ganz selbstverständlich davon ausgegangen, dass bei diesem für Trier wirklich singulären Konzertereignis der Zuschauerraum aus allen Nähten platzen würde. Mit Loriot möchte man fragen: Ja, wo waren sie denn, die Musikfreunde aus Stadt und Region? Sind sie zwei Tage zuvor in Scharen gen Metz gepilgert, um sich unter die 1300 Besucher im zugegeben weit attraktiveren Ambiente des "Arsenal" zu mischen? Wohl kaum. Nun wird Ursachenforschung betrieben: unzureichende PR-Arbeit (keine Plakate, wenig in der Presse), unglücklicher, weil Volksmusik-Assoziationen auslösender Titel, am Ende muss wahrscheinlich auch noch das Fernsehprogramm (Gab es einen Tatort? Oder was von Donna Leon?) herhalten.

Fest steht: Wer am Sonntag nicht dabei war, hat ein Konzert verpasst, wie es Trier so bald nicht mehr geboten bekommt: Strawinskys "Sacre", das wohl spektakulärste Schlüsselwerk der klassischen Moderne, dazu Prokofjews hochexpressive Klanggemälde im Cinemascope-Format, das Ganze dargeboten von einem sensationellen Dirigenten und einem auf Rundfunkorchester-Niveau musizierenden XXL-Klangkörper. Schade, bedauerlich und peinlich (nicht nur den Gästen aus Metz, sondern auch unsern eigenen Sinfonikern gegenüber, die an diesem Abend ihre Grenzen weit hinter sich gelassen haben).

Hut ab übrigens vor dem Trie rer Schulmusiker, der eine stattliche Gruppe seiner Schülerinnen zum Besuch des Konzerts motivieren konnte. Sie zumindest haben diesen grandiosen Abend nicht verpasst …

Stephan Rommelspacher, Trier

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