Jazz So macht Jazz einen Höllenspaß

Trier · Zum 20. Mal begeisterte der Jazz-Gipfel in der Tufa Musiker und Publikum. Er vereint die regionale Szene mit ihren unterschiedlichen Formationen und Stilen.

 Bildlegende (immer Endziffern): •	749 Singen aus voller Kehle: Der Jazz&Pop-Chor Trier, Dirigent Thomas Rieff •	751 Fast verliebt in den Kontrabass: Tanja Silcher (links) und Silvia Berthold •	753 s.o. •	754 s.o. •	760 Brillant als Sänger und auf der Gitarre: Ralph Brauner •	769 Satter Sound: Das „Daisy-Becker-Trio“ mit Benedikt Schweigstill, Klavier , und Tanja Silver am Kontrabass

Bildlegende (immer Endziffern): • 749 Singen aus voller Kehle: Der Jazz&Pop-Chor Trier, Dirigent Thomas Rieff • 751 Fast verliebt in den Kontrabass: Tanja Silcher (links) und Silvia Berthold • 753 s.o. • 754 s.o. • 760 Brillant als Sänger und auf der Gitarre: Ralph Brauner • 769 Satter Sound: Das „Daisy-Becker-Trio“ mit Benedikt Schweigstill, Klavier , und Tanja Silver am Kontrabass

Foto: Martin Möller

„Saustolz“ sei er, sagte Nils Thoma. Und der Vorsitzende im Trierer Jazz-Club legte noch eins nach. Jetzt schon zum 20. Mal „die Bude voll zu kriegen“, sei einfach toll. Seit zwei Jahrzehnten  pilgern gut 250 Jazz-Fans Jahr für Jahr unbeirrt zur Tufa. Und weil die Jazz-Gipfel schließlich keine Karitativ-Veranstaltungen für notleidende Musiker sind, muss jemand im veranstaltenden Jazz-Club da  irgend etwas richtig gemacht haben,

Eins wurde beim diesjährigen Konzert wieder ganz klar: Der Jazz-Gipfel läuft nicht nach Schema F ab, und er ist auch kein Forum für durchreisende Gaststars. Er spiegelt die Jazz-Szene der Region mit ihrem vergleichsweise bescheidenen Potenzial und dem hohen persönlichen Einsatz ihrer Akteure. Honorare gibt es keine. Wer sich auf die Bühne stellt, will nichts verdienen, sondern für ein wohlgesinntes Publikum ganz einfach gut musizieren.

Einen „Trend zu kleineren Besetzungen“ macht Nils Thoma dieses Jahr im Gespräch mit dem TV aus, und vermutet dahinter einen periodischen Zyklus wie im Auf und Ab der Konjunktur. Aber egal wie sich  die Zahl der teilnehmenden Musiker entwickelt – weniger heißt in diesem Fall auch mehr. 2019 kamen die kleinen Besetzungen zum Zuge, die sehr speziellen Instrumenten-Kombinationen. Klar: Formationen wie die Bach-Band mit Ralf Bach, Daisy Becker, Stefan Reinholz, Michael Schömer und Stefan Zawar-Schlegel lieferten wieder einen ausgeprägt fetzigen Sound. Und zeigten: Mit einem guten Arrangement  kann im Jazz auch ein Quintett fast bigbandmäßig auftreten. Der Start in den Abend mit dem Jazz-&Pop-Chor Trier war ohnehin ein Erlebnis für sich. Chorleiter Thomas Rieff stürmt mit dem Aktenkoffer auf die Bühne, als käme er gerade vom Büro, und motiviert dann am E-Piano mit enormem Schwung seine circa 30 Sängerinnen und Sänger. Die singen aus voller Kehle und sind wohl auch mit ganzer Seele dabei.

Gleichwohl: Der Jazz-Gipfel 2019 war ein Abend der Duos, Trios, Quartette, und auch ein Solo-Auftritt gehörte dazu. Da lieferte Ralph Brauner sängerisch und auf der Gitarre ein Glanzstück ab. Silvia Berthold und Tanja Silcher demonstrierten, wie fantastisch Stimmen zum Kontrabass klingen können. Kaum hatte Clubchef Nils Thoma seine angekündigte Hauptrede beendet, da griff er selber zum Saxofon  und formierte sich mit Petra und Winfried Bungert zum flexiblen Trio. Anne Völpel setzte mit ihrem warmen Alt dem bewährten Duo Groove Improve“ (Stefan Völpel, Johnny Weber) ein vokales Glanzlicht auf. Und wenn „Daisy“ Becker die Trompete beiseite legt und sich das Flügelhorn vornimmt, dann produziert er im Daisy Becker-Trio mit Benedikt Schweigstill am Klavier und Kontrabassistin Tanja Silcher einen ausgesprochen satten Sound, in dem auch etwas Blues-Schwerblütigkeit mitklingt. Sängerin Elke Holzmüller schließlich verpasst ihrem Quartett enorm  Schwung. Der Titel dieser Gruppe ist ohnehin ein Muster an Understatement. Tinnef (Schmutz, schlechte Qualität, sagt der Duden) ist diese „Tinnef“-Formation nun ganz bestimmt nicht.

Mittlerweile rückte die Uhr schon deutlich Richtung Mitternacht, und etliche Besucher wanderten ab. Aber der harte Kern von sicherlich 100 Fans blieb eisern bei der Stange und ließ sich auch vom  – sagen wir: etwas robusten Spiel des Poschenrieder-Schweigstill-Quartetts nicht irritieren. Und dann passierte zum zweiten Mal an diesem Abend, was den Jazz-Gipfel so sympathisch macht. Ganz spontan stellten sich die noch anwesenden Musiker, die in anderen Formationen schon längst präsent waren, mit auf die Bühne –  eine kurze, aber fantastisch spontane Session. Man musiziert, statt nur ein Programm herunterzuspulen. So macht Jazz einen Höllenspaß – den Akteuren vorne und dem Publikum im Tufa-Saal ebenso.

Der Jazz-Gipfel ist nicht nur Forum für die Szene der Region, sondern auch Auftakt zum Jahresprogramm im Jazz-Club. Ostern steht wieder der Regional-Workshop an. Pfingsten lockt das Jazzfest am Dom, und im Sommer wird der Brunnenhof zum publikumswirksamen Forum. Ein Event ist neu: das „1. Bluesfestival“ auf Burg Saarburg am 30. Mai. Da ist zufällig Vatertag. Also genau der richtige Termin für maskuline Erholung mit Bollerwagen, Bier und Blues.

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