Nach vier Jahren geben Annalena Baerbock und Robert Habeck die Parteispitze ab Grün ist der Wechsel

Annalena Baerbock und Robert Habeck haben die Grünen nach 16 Jahren Opposition zurück in die Bundesregierung geführt. Jetzt treten beide als Parteichefs ab. Beifall ist ihnen gewiss, aber nur digital. Die Pandemie erlaubt keine Präsenzveranstaltung

Treten nach vier Jahren als Vorsitzende von der Grünen-Parteispitze ab: Annalena Baerbock und Robert Habeck

Treten nach vier Jahren als Vorsitzende von der Grünen-Parteispitze ab: Annalena Baerbock und Robert Habeck

Foto: dpa/Christoph Soeder

Es wird ein Abend der Emotionen. Annalena Baerbock und Robert Habeck werden an diesem Freitag vier Jahre zurückblicken und wohl auch eine Träne verdrücken. „Und das ist erst der Anfang!“ stand auf dem Plakat, vor dem sich Baerbock und Habeck am 27. Januar 2018 im Congresszentrum Hannover mit Reden an den Parteitag um den Vorsitz der Grünen bewarben. Habeck gestatteten die Delegierten damals – per Satzungsänderung -- sogar eine Übergangsfrist von acht Monaten, in denen er noch Landesminister in Schleswig-Holstein bleiben und zugleich schon Parteichef sein durfte. Denn den Grünen ist das Gebot der Trennung von Amt und Mandat heilig. Eigentlich. Vier Jahre später, beinahe auf den Tag genau, treten Baerbock und Habeck als Doppelspitze von Bündnis 90/Die Grünen ab. Anfang und Ende. Die beiden Vorsitzenden wollen ihr Zeit als Parteichefs noch einmal mit einer -- gemeinsamen -- Rede zusammenbinden. Wie genau dieser Auftritt der scheidenden Grünen-Vorsitzenden aussehen wird, darüber schweigt sich der Politische Bundesgeschäftsführer der Grünen, Michael Kellner, aus, ebenso über die erwarteten Abschiedsgeschenke der Partei an Baerbock und Habeck.

Kellner, der nach acht Jahren als Bundesgeschäftsführer, ebenfalls aus diesem Amt scheidet, sagt: „Parteien brauchen auch immer wieder Wechsel.“ Nun sollen Ricarda Lang und Omid Nouripour auf Baerbock und Habeck folgen, so wie diese vor vier Jahren das ungleiche Doppel Simone Peter und Cem Özdemir an der Parteispitze abgelöst hatten. Baerbock und Habeck wollen sich am Wochenende in den 16-köpfigen Parteirat wählen lassen. Neben Lang und Nouripour gibt es bislang keine weiteren Bewerber für die beiden höchsten Parteiämter. Doch über dem Wechsel liegt schon jetzt ein Schatten. Gegen Lang, bislang Grünen-Vize, ermittelt die Staatsanwaltschaft – wie gegen den gesamten bisherigen Bundesvorstand -- wegen des Verdachts der Untreue gegen die eigene Partei, weil sich die Vorstandsmitglieder 2020 einen Corona-Bonus von 1500 Euro pro Kopf genehmigt hatten. Der Bonus ist mittlerweile zurückbezahlt. Aber der Anfangsverdacht belastet die Neuwahl von Lang. Womöglich wirkt sich das auch auf das Wahlergebnis für die Parteilinke aus. Aber Kellner, der selbst dem linken Parteiflügel zugerechnet wird, stärkt der Kandidatin den Rücken: „Ich sehe eine wahnsinnige Unterstützung für Ricarda Lang und bin überzeugt davon: Sie wird das in den nächsten Jahren ganz großartig machen.“

So werden die Grünen bei ihrem Parteitag, der wegen Corona wieder nur ein digitales Format mit Sendezentrale und kleiner Bühne im Berliner Velodrom haben wird, nach vorne und zurückblicken. Der Beifall zum Abschied für Baerbock und Habeck: nur digital. 850 Delegierte können sich aus ihren Wohn- und Arbeitszimmern zuschalten und mitdiskutieren, wenn die Grünen mit ihren mittlerweile gut 125 000 Mitgliedern über umfangreiche Satzungsänderungen wie auch über die Lage in der Ukraine beraten. Die Grünen seien in den vergangenen Jahren unter der Führung von Baerbock und Habeck – inzwischen Außenministerin und Wirtschaftsminister der neuen Bundesregierung – zu einer „Mittelpartei gewachsen“, sagt Kellner. Die Partei habe gezeigt, dass sie „in Wahlen Union und SPD schlagen kann“. Er zählt dazu Ergebnisse etwa der Landtagswahlen in Bayern, Hessen und Baden-Württemberg. Nun stehen in diesem Jahr die Landtagswahlen im Saarland, in Schleswig-Holstein, in Nordrhein-Westfalen und in Niedersachsen an. Ein erster Test auch für die neue Parteiführung. „Auf diesem Parteitag werden wir die Wurzeln für unsere Zukunft stärken“, gibt sich Kellner überzeugt. „Wir werden uns in den nächsten Jahren verändern“, hatte Habeck seinen Grünen bei einem Länderrat im vergangenen Jahr vorhergesagt. Grün ist der Wechsel. Kellner betont dazu aber, wie wichtig es sein werde, dass die Grünen heute – anders als zu rot-grünen Zeiten im Bund – mit neuen Bündnispartnern, etwa aus Umweltschutz oder Gewerkschaften, im Gespräch blieben. Sie werden die Bündnispartner wieder brauchen.

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