Alkohol nur noch ab 18 Jahren Bierverbot sorgt für Aufregung

Analyse | Berlin · Bier nur noch ab 18 statt 16 Jahren, selbst dann, wenn die Eltern dabei sind - das will der Drogenbeauftragte, Burkhard Blienert (SPD). Ein Bier mit dem Vater ist besser als der Filmriss auf einer Party, glaubt hingegen die Union. Die Debatte um eine höhere Altersgrenze ist eröffnet.

 Nach dem Willen des Drogenbeauftragten soll Bier nur noch ab 18 Jahren gekauft werden dürfen - damit Jugendliche vor dem Rausch geschützt werden.

Nach dem Willen des Drogenbeauftragten soll Bier nur noch ab 18 Jahren gekauft werden dürfen - damit Jugendliche vor dem Rausch geschützt werden.

Foto: Woitschützke, Andreas (woi)

Es ist nun mal so: Bier zählt zu den beliebtesten alkoholischen Getränken der Deutschen. Zuletzt, so das Statistische Bundesamt, summierte sich der Pro-Kopf-Verbrauch hierzulande auf rund 95 Liter. Auch Jugendliche greifen gerne mal zur Flasche, obwohl laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) der Trend rückläufig ist – unlängst gaben 8,7 Prozent im Alter von 12 bis 17 Jahren an, mindestens einmal wöchentlich Alkohol zu konsumieren. 2004 waren es 22,6 Prozent. Im Haus des Drogenbeauftragten der Bundesregierung, Burkhard Blienert (SPD), ist man jedoch davon überzeugt, „dass es aus Gründen des Gesundheits- und Jugendschutzes empfehlenswert ist, das Alter für Alkoholkonsum auf 18 Jahre zu erhöhen“, wie es auf Nachfrage heißt.

Deshalb ist Blienert jetzt in einem Interview vorgeprescht. Es sei nicht vernünftig, „Bier und Wein an Minderjährige zu verkaufen“, sagte er der „Welt“. „Für mich sprechen viele medizinische Argumente dafür, das Erwerbsalter für Bier, Wein und Schaumwein auf 18 Jahre zu erhöhen.“ Bisher gilt 16. Was gar nicht mehr gehe, sei das sogenannte begleitete Trinken, dass also ein 14-Jähriger im Beisein der Eltern in der Kneipe ein Bier bestellen darf. Hintergrund ist, dass es auch besorgniserregende Zahlen gibt – so wurden etwa laut Statistischem Bundesamt 2019 rund 14.500 Minderjährige wegen akuten Alkoholmissbrauchs im Krankenhaus stationär behandelt. Laut BZgA gibt es neuere Erhebungen aber wohl erst im Laufe des Jahres.

Blienerts Idee ist allerdings noch nicht politisch abgesichert, soll heißen, wie und wann sie umgesetzt werden könnte, ist offen. Das sei „abzuwarten“, so eine Sprecherin. Erst muss er Verbündete suchen, denn einfach wird die Umsetzung nicht. Verschärfungen für Konsumenten sind immer auch ein Kampf gegen wirtschaftliche Interessen. Und dann wird diskutiert werden, ob Verbote denn mehr helfen als Prävention. Die Union hat daher bereits ihre Zweifel. Die Bierpläne des Drogenbeauftragten seien „wenig zielführend“, so der gesundheitspolitische Sprecher der Fraktion, Tino Sorge (CDU), zu unserer Redaktion. „Regeln zum Alkoholkonsum müssen sich auch an der Lebenspraxis messen.“

Vor allem vom Vorhaben des Drogenbeauftragten, das Trinken im Beisein von Sorgeberechtigten zu streichen, hält Sorge nichts. Dass Jugendliche im geschützten Umfeld ihrer Eltern über Alkohol aufgeklärt würden, habe sich bewährt. „Wenn ein Teenager das erste Bier mit dem Vater trinkt, ist das allemal besser als ein Filmriss auf einer Party.“ Darüber hinaus müssten die Kontrollen an Verkaufsstellen konsequenter sein und die Angebote zur Prävention verbessert werden.

Der Koalitionspartner FDP springt Blienert hingegen bei. „Viel zu oft werden die gesundheitlichen Folgen von Alkoholkonsum verharmlost“, so FDP Expertin Kristine Lütke auf Nachfrage. Nach der Legalisierung von Cannabis grundsätzlich auch die Präventionsstrategie bei Alkohol und Tabak zu reformieren, „ist aus meiner Sicht eine gute Idee“. Wie Änderungen der Altersgrenzen und ein Werbeverbot für Alkohol konkret aussehen könnten „und ob das die erhofften positiven Veränderungen mit sich bringt, müssen wir auf Basis wissenschaftlicher Daten und Erkenntnisse diskutieren“, so Lütke.

Auch Christine Kreider von der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) hält die Initiative für notwendig. Die Altersstaffelung beim Alkoholerwerb im Jugendschutzgesetz stelle eine europäische Ausnahme dar, so Kreider zu unserer Redaktion. „In fast keinem anderen Land dürfen Minderjährige Alkohol erwerben.“ Der Konsum führe zu einer Vielzahl an gesundheitlichen Schäden, auch neben einer Abhängigkeit. Kreider weiter: „Altersgrenzen sind neben Preiserhöhungen und Werbeverboten ein wirksames Mittel, um gerade Kinder und Jugendliche vor Alkohol und dessen Schäden zu schützen.“ Darüber hinaus sei noch wichtig, „das Trinken im öffentlichen Raum auf geeignete Räume oder Plätze zu beschränken“.

(has)
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